Ueli Meyes

Antarktis

Karibische Inseln

Kroatische Adria

Östliches Mittelmeer

Rund um Südamerika

 

Terra Australis Incognita - der sagenhafte Kontinent aus Eis

"Claudius Ptolemäus (* um 100, † nach 160), ein griechischer Mathematiker, Geograph, Astronom, Astrologe, Musiktheoretiker und Philosoph der Antike, hatte vorgeschlagen, dass es im Süden der Welt einen riesigen Kontinent gäbe. 1500 Jahre später zeichneten Kartographen diesen imaginären Superkontinent immer noch auf ihren Karten auf. Sie nannten es auf Lateinisch Terra Australis Incognita (unbekanntes südliches Land), oder Terra Australis Nondum Cognita (südliches, noch nicht bekanntes Land)."

 

Antarktische Halbinsel

25. Februar - 9. März 2024

 

Inspiration - Motivation

"Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Antarktis der letzte unerforschte Kontinent der Erde. Kein Mensch hatte zuvor Fuss auf das gefrorene Terra Incognita gesetzt. Während der frühen Jahrzehnte des Jahrhunderts erkundeten Abenteurer mehr und mehr der Geheimnisse der Antarktis. Die Kartierung des Kontinents forderte nicht nur viele Leben, sondern brachte auch Geschichten von Mut, Gefahr und Heldentum hervor, welche sich bei den zahlreichen Versuchen den Südpol zu erreichen, ereignet hatten. Es waren bereits die alten Griechen, die zuerst auf die Idee einer möglichen Antarktis kamen. Sie wussten bereits von der Arktis, die sie Arktos nannten – „Der Bär“, nach dem Sternbild des grossen Bären –, und sie kamen zu dem Schluss, dass es, um einen Ausgleich in der Welt zu schaffen, eine ähnliche eisige Landmasse auch im Süden geben müsse, die der Arktis ähnelte, aber ihr Gegenstück war – „Ant-Arktos“ – das Gegenstück zum Bären."

Seit vielen Jahren beschäftigt mich der siebte Kontinent. Unzählige Reiseberichte habe ich gelesen und viele Vorträge besucht. So lernte ich einiges über das wie und wo von Reisen auf der klassischen Route von Südamerika aus, wo alle Touren in Ushuaia, der südlichsten Stadt Argentiniens starten. Eine eindrückliche Multivision liess mich auch die abenteuerliche Fahrt von der anderen Seite der Welt, von Neuseeland aus mit einem Eisbrecher, erleben.

Bei einem dieser Vorträge in Cham, das liegt wohl jetzt schon über 20 Jahre zurück, hatte ich Gelegenheit, mit Heiner Kubny, PolarJournal, zu sprechen, der zusammen mit seiner Frau Rosmaria Kubny schon seit Ende der 90-Jahre begann, die Antarktis fotografisch zu erkunden. Mit diesem Gespräch erhielt ich viele interessante Informationen über Reisen in die Antarktis; welche meine Sehnsüchte nach diesem Kontinent steigerten.

Auch Reinhold Messner begeisterte mich mit seinem Vortrag über die Endurance-Antarktisexpedition (1914-1917) von Ernest Shackleton (* 15. Februar 1874; † 5. Januar 1922). Messner faszinierte mit seiner Erzählung über eines der spannendsten Abenteuer der Menschheitsgeschichte, da er die Strapazen, welche diese Männer erdulden mussten, im Winter 1989/90, zusammen mit Arved Fuchs, selbst erlebt hat.

Zusätzlich genährt mit Doku-Sendungen und Abenteuerfilmen liessen den Traum wachsen, diesen einzigartigen Kontinent einmal selbst zu bereisen ...

Diese beiden Bilder sind KI-Visualisierungen (ChatGPT) auf Grund meines Textes.

 

Vorbereitung

Reisen in die Antarktis sind teuer bis sehr teuer, für einen Alleinreisenden in einer Einzelkabine wirds noch happiger, ausser man begnügt sich mit Fremden zusammen, zum Beispiel in einer Dreier-Kabine. Die Route über die Falkland- und Südgeorgien-Inseln sind teurer als direkt durch die Drake-Passage auf die Antarktische Halbinsel zu fahren. Die Expeditionen über den südlichen Polarkreis hinaus sind nochmals teurer, weil sie länger dauern. Dann gibt es noch die Schwergewichte, welche mehr als die Halbinsel beinhalten, auch bis zum Südpol, oder eine halbe Umrundung der Antarktis, von Ushuaia bis Neuseeland. X-mal habe ich mir Angebote konkret angeschaut, aber der Preis liess mich dann doch andere Vorhaben realisieren.

Bei Swiss Nomads, der Reiseblogg von Reni und Marcel, die seit 2007 fast ununterbrochen unterwegs sind, habe ich von Freestyle Adventure Travel in Ushuaia gelesen.
Diese Reiseagentur vermittelt Last Minute Angebote für Patagonien, die Arktis und Antarktis. Auf der Webseite habe ich mich gleich für den Newsletter angemeldet, den ich seither, vor allem während der Antarktis-Saison, mit Angeboten erhalte. Dabei bin ich mit Carolina in Kontakt gekommen. Die Mitarbeiterin hat meine vielen gestellten Fragen jeweils hilfsbereit und mit einem gefühlten Lächeln im Gesicht beantwortet. Zudem hat sie mein Wissen über die antarktische Halbinsel mit nützlichen Informationen gespiesen.

Freestyle Adventure Travel, Deloqui 845, V9410 Ushuaia, Tierra del Fuego, Argentina,
info@freestyleadventuretravel.com, www.freestyleadventuretravel.com.

Am Freitag, 19. Januar 2024, erhalte ich von Carolina wieder eine e-Mail. Darunter sind drei Abfahrten mit Angeboten für Single Cabins enthalten. Nach ein paar e-Mails hin und her, sowie Konsultation meiner Agenda, sende ich Carolina am Samstag eine Passkopie und schreibe ihr, dass ich mich für die Tour Ende Februar anmelde.
Wow, der planerische Ueli war wieder mal sehr spontan; in etwas mehr als einem Monat gehts bereits los.

"John Davis (* 1784 in Surrey) war ein aus England stammender US-amerikanischer Robbenjäger. Er gilt als der Kapitän des Schiffes, von dem aus erstmals Menschen auf dem antarktischen Kontinent landeten. Davis, der als 16-Jähriger der britischen Handelsmarine beigetreten war, begab sich auf der Suche nach neuen Jagdgründen für die Robbenjagd insgesamt sieben Mal in antarktische Gewässer. Am 7. Februar 1821 will er dabei, knapp nach den ersten Sichtungen des Kontinents durch Fabian von Bellingshausen, Michail Petrowitsch Lasarew, Edward Bransfield und Nathaniel Palmer, einige seiner Männer mit einem Boot an Land geschickt haben, um nach Robben Ausschau zu halten. Diese Männer könnten die Ersten gewesen sein, die den neuentdeckten Kontinent betreten haben. Es gibt allerdings Historiker, die seine Angaben bezweifeln. Nach Davis ist die 74 km lange Davis-Küste in Grahamland benannt."

Im Februar 2024, 203 Jahre nachdem die ersten Menschen den neuentdeckten Kontinent betreten haben, wird mein Traum Realität. Meine Reise entspricht einem Schnuppern am 7. Kontinent: Für ein paar Tage werde ich den nördlichen Teil der antarktischen Halbinsel sehen. Nach der Drake-Passage wird die Route in die Gegend der Südlichen Shetlandinseln und der Anvers-Insel führen, mit Möglichkeit von einem Besuch einer aktiven wissenschaftlichen Basis sowie eines historischen Stützpunkts.

Die Karte zeigt meine 10 tägige Reise mit der MS World Voyager ab Ushuaia. Inbegriffen im Package ist vorgängig eine Übernachtung in Buenos Aires und die Flüge nach Ushuaia und zurück. Ich muss also nur noch die internationalen Flüge von Zürich in die argentinische Hauptstadt buchen.

"Als Drake-Passage wird die Meeresstrasse zwischen der Südspitze Südamerikas und der Nordspitze der Antarktischen Halbinsel bezeichnet. Sie verbindet den Atlantischen Ozean, speziell die Scotiasee, mit dem Pazifischen Ozean und gehört zum Südlichen Ozean.
Die Strasse ist von der Isla de los Estados bis zu den Südshetlandinseln 480 Seemeilen breit und fast frei von Inseln, was dem Antarktischen Zirkumpolarstrom (Antarctic Circumpolar Current) die Möglichkeit gibt, als einzige Meeresströmung den gesamten Globus zu umfließen. Dies verhindert das Vordringen wärmeren Wassers an die antarktische Küste und ermöglicht so erst die Ausbildung der gewaltigen Eiskappe. Bis in das späte Eozän (vor etwa 35 Millionen Jahren) war die Drakestrasse noch verschlossen und die Antarktis wesentlich wärmer als heute, vergleichbar dem heutigen Skandinavien. Die Tierwelt des Seegebietes ist reichhaltig. Wale und Delfine, aber auch Albatrosse oder Pinguine können beobachtet werden."

366 Tage im 2024 abzüglich die erwähnten 300 Tagen mit tobenden Stürmen = genügend ruhige Tage für meine bevorstehenden zwei Überfahrten ...

... und doch kaufe ich mir eine Packung Stugeron; es könnte ja sein, dass meine Berechnung der sturmfreien Tage in der Drake-Passage doch nicht stimmt,

"Stugeron verbessert die Durchblutung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr. Dadurch wird einer Verengung der Blutgefässe in diesem Organ entgegengewirkt und eine Überreizung des Gleichgewichtsorgans, welche zu Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Schweissausbrüchen und Blässe führen kann, verhindert. Stugeron Tabletten dienen der Vorbeugung von See-, Flug- und Reisekrankheit."

Am 23. Januar 2024 buche ich den Flug nach Buenos Aires. Ich werde mit der ITA Airways, der Alitalia-Nachfolge Fluggesellschaft in Staatsbesitz, über Rom zu meinem südamerikanischen Ziel fliegen.

"Die Italia Trasporto Aereo S.p.A., ITA Airways, mit Sitz in Rom, ist die nationale Fluggesellschaft Italiens. Sie ist Mitglied der Luftfahrtallianz SkyTeam und befindet sich über das Ministero dell’Economia e delle Finanze zu 100 % in Staatsbesitz. Die beiden Drehkreuze befinden sich an den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Linate. Die ITA ersetzte den Flugbetrieb der Alitalia am 15. Oktober 2021 und übernahm die Rechte an der Marke Alitalia, um deren Verwendung durch Wettbewerber zu verhindern. Die Fluggesellschaft lässt die Markenrechte der Alitalia jedoch zugunsten des eigenen Markenauftritts ruhen."

Auf dem rund 14-stündigen Flug von Rom nach Buenos Aires kommt ein Airbus A350-900 zum Einsatz.

"Der Airbus A350 ist ein zweistrahliges Langstrecken-Grossraumflugzeug des europäischen Flugzeugherstellers Airbus. Es ist das Verkehrsflugzeug mit dem höchsten Anteil an Kohlenstofffaserverbund-Werkstoffen in der Rumpf- und Tragflächenstruktur. Als Konkurrenzmodell zur Boeing 787 und 777-9/10 entwickelt, tritt er die Nachfolge des Airbus A340 an. Er hat zwei Turbofan-Triebwerke mit hohem Nebenstromverhältnis und ein Zweipersonencockpit."

Last, but not least, widme ich mich dem Thema Kleidung, ein wohl wichtiges Element für eine Reise in diese unwirtliche Gegend. Ausgehend von den erhaltenen Inputs von Atlas Ocean Voyages - What to Pack - sieht meine winterliche "Packliste Antarktis" wie folgt aus: Handschuhe, Mütze, Schal, Seidenhandschuhe, Skihandschuhe, Skihose, Skijacke, Skisocken, Sturmhaube, Thermoleibchen, Unterziehhosen lang, Wandersocken und Winterstiefel.

 

Verwirklichung

Sonntag, 25. Februar 2024, die lange Reise ans Ende der Welt beginnt: Cham/ - Rom/- Buenos Aires/

Es gibt ein chinesisches Sprichwort, das sagt: "Die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt." Auch bei dieser sehr langen Anreise sind die ersten Schritte der Weg von der Wohnung zum Bahnhof, Silvia begleitet mich dabei. Am Bahnhof übernimmt sie noch die Rolle der Fotografin.

Wegen einer Baustelle gibt es seit einiger Zeit keine Direktzüge mehr von Zug zum Flughafen, so wechsle ich nebst in Zug, auch im Zürcher Hauptbahnhof den Zug. Unterirdisch im Flughafen Zürich angekommen entnehme ich den Anzeigebildschirmen, dass ITA beim Check-in 3 ist. Das Anstehen dauert nicht so lange und kurz darauf ist mein Gepäck bereits auf dem Förderband und ich habe zwei Boardingkarten in der Hand.

Mein abgegebenes Angebot für ein Business-Upgrad für den langen Flug war erfolgreich.

Bei der Sicherheitskontrolle dauert das Anstehen dann länger. Wie gewohnt, werde ich nach dem Ertönen des Signals zur persönlichen Kontrolle gewunken; meinen beiden künstlichen Hüftgelenken sei Dank.

"Alle Wege führen nach Rom" sagt eine Redewendung, trotzdem wollen viele Leute ausgerechnet meinen gewählten Weg nehmen; U-förmig stehen wir beim Boarding an.

Die Blau-Metallic-Flieger von ITA fallen leuchtglänzend auf.

Die Bestuhlung ist eng, kaum Platz für die Beine; der Flug dauert zum Glück nur 1 ½ Stunden.

"Rom ist die Hauptstadt Italiens, Hauptort der Region Latium und historische Hauptstadt des Römischen Reichs und des Kirchenstaats. Die Stadt liegt etwa in der Mitte der Apenninhalbinsel am Fluss Tiber. Mit etwa drei Millionen Einwohnern im Stadtgebiet bzw. rund vier Millionen Einwohnern in der Agglomeration ist sie die grösste Stadt Italiens sowie die drittgrösste der Europäischen Union. Ausserdem ist Rom mit einem Gemeindegebiet von 1287,36 km² auch die flächenmässig ausgedehnteste Stadt des Landes."

Diese Informationen sind ja heute für mich gar nicht von Relevanz, verlasse ich doch das Flughafengebäude gar nicht. Nach der Ankunft folge ich den Symbolen für die Passkontrolle und bewege mich danach im Transfer-Bereich.

Mit der Business-Boardingkarte für den Weiterflug habe ich Zugang zur Lounge, wo ich rund eine Stunde Wartezeit verbringe.

Nach dem Boarding heisst es nochmals einen Stau überstehen, bevor ich zu meinem Sitz 8L gelange.

Die Platzverhältnisse versprechen einen bequemen 14 Stunden und 10 Minuten langen Flug ...

Es ist 00:30 Uhr (MEZ; 20:30 Uhr GMT) als wir über Algerien fliegen und das Abendessen serviert wird.

Um 10 Uhr (MEZ; 06 Uhr GMT) befinden wir uns bei schönem Wetter an der Küste Brasiliens.

Beim Frühstück um 11:30 Uhr (MEZ; 07:30 Uhr GMT) geniesse ich ein perfektes Frückstück, ausser den Espresso, der ist leider nur lauwarm. Zu diesem Zeitpunkt befinden wir uns über dem Grenzgebiet Brasilien-Uruguay.

Bienvenidos. Die lokale Zeit beträgt 08:50 Uhr (GMT; MEZ 12:50 Uhr), als mich Buenos Aires mit Regen empfängt. Ich bin schon über 21 Stunden unterwegs und froh, hat es mit dem Business Upgrade geklappt.

"Buenos Aires ist die Hauptstadt und Primatstadt, also das politische, kulturelle, kommerzielle und industrielle Zentrum Argentiniens. Ihre Gründer benannten sie nach der Heiligen Santa María del Buen Ayre (spanisch für Heilige Maria der Guten Luft). Die offiziell nur 202 Quadratkilometer grosse Stadt bildet den Kern einer der grössten Metropolregionen Südamerikas, des Gran Buenos Aires mit etwa 13 Millionen Einwohnern. Sie streckt sich heute rund 68 Kilometer von Nordwest nach Südost und etwa 33 Kilometer von der Küste nach Südwesten aus. Sie wird oft als „Wasserkopf“ Argentiniens bezeichnet, da sich hier fast alle wichtigen Institutionen des Landes befinden und in der Stadt und vor allem in der Umgebung etwa ein Drittel aller Argentinier wohnt. Zudem ist sie als einzige Stadt Argentiniens als „Capital Federal“ autonom, also nicht an eine bestimmte Provinz gebunden. Sie ist ein wichtiges kulturelles Zentrum und wurde 2005 durch die UNESCO mit dem Titel Stadt des Designs ausgezeichnet."

Anstehen bei der Emigration und danach beim Zoll, ist aber nicht schlimm. Für Argentinien brauche ich kein Visum, dafür muss ich Fingerabdrücke abgeben und mich fotografieren lassen. Bei der Gepäckausgabe ist es immer befreiend, den eigenen Koffer zu sehen.
In der Ankunftshalle spricht mich ein Mann mit "Taxi?" an. Ich bejahe und er führt mich zu seinem Schalter und verkauft mit die Fahrt zum Hotel für rund 45 USD. Gegenüber den Preisen, die ich in Euro im Kopf habe, scheint mir das okay zu sein. Er gibt einem wartenden Fahrer ein Zeichen. Mit diesem zusammen gehen wir nach draussen, in den Regen. Er lässt mich aber dann im Trockenen warten und holt sein Auto, einen Ford. Es hat viele amerikanische Autos wie Ford und Chevrolet. Die Fahrt dauert mit dem starken Verkehr gut eine Stunde.

Beim Hotel angekommen, wird mir von einem Portier die Türe geöffnet und der Koffer vom Taxi Driver entgegengenommen. Beim Einchecken dauert es relativ lange, bis mein Name dem System entlockt werden kann. Ich strecke die verlangte Kreditkarte über den Tresen. Das Zimmer sei erst um 4 p.m. bereit, was ich im voraus wusste. Meinen Koffer gebe ich beim Concierge gegen einen Beleg ab, wo ich auch nach einem Schirm frage.
Auf einem Stadtplan lasse ich mir den Weg zur nächsten Hop-on/Hop-off Station aufzeigen: Aus dem Hotel raus, links und dann wieder links. Nach drei Blocks gebe es das Café Tortoni, wo die gesuchte Bus-Station sei.

Das Café erkenne ich früher als die Station, fällt doch eine lange Schlange davor auf. Es sei das älteste Café in Buenos Aires erklärt mir ein asiatisch aussehendes Touristenpaar. Wäre das später etwas für mich?

"Das Café Tortoni ist ein Kaffeehaus auf der Avenida de Mayo 825 in Buenos Aires. Es wurde 1858 von dem französischen Immigranten Touan eröffnet und nach dem Lokal Tortoni auf dem Boulevard des Italiens, Paris, benannt. Das Café Tortoni befand sich ursprünglich an der Kreuzung Avenida Rivadavia und Esmeralda-Strasse. Das Gebäude, in dem sich das Tortoni heute befindet, war ehemals der Templo Escocés (Schottischer Tempel). 1880 zog es an seinen jetzigen Standort um, der Eingang befand sich auf der Av. Rivadavia. 1898 wurde die Fassade durch den Architekten Alejandro Christophersen erneuert und der Eingang auf die Avenida de Mayo verlegt. Kurz danach wurde es an den Franzosen Celestino Curutchet verkauft. Im Keller des Hauses wurde 1926 La Peña (ein Treffpunkt, wo Folklore/Nueva Canción gespielt wird und dazu Essen und Getränke angeboten werden) eröffnet. 1943 wurde dieser Treffpunkt aufgelöst. Unter seinen Besuchern waren u. a. Alfonsina Storni, Baldomero Fernández Moreno, Juana de Ibarbourou, Arthur Rubinstein, Ricardo Viñes, Roberto Arlt, José Ortega y Gasset, Jorge Luis Borges, Molina Campos und Benito Quinquela Martín. Das Café selber war Treffpunkt für Politiker wie Lisandro de la Torre und Marcelo Torcuato de Alvear, berühmte Argentinier wie Carlos Gardel und Juan Manuel Fangio und für internationale Persönlichkeiten wie Albert Einstein, Federico García Lorca, Hillary Clinton, Robert Duvall und König Juan Carlos I. von Spanien. Der Keller wird zurzeit genutzt von Jazz- und Tangomusikern, auch finden dort Buchvorstellungen und Dicht-Wettbewerbe statt. Das Kaffeehaus hat seine Innenausstattung des Fin de siècle aus der Anfangszeit bewahrt, ausserdem gibt es dort Billardtische und man kann Domino und Darts spielen."

Vorerst widme ich mich aber dem Umsetzen meines Vorhabens. In der Nähe entdecke ich eine Verkaufsstelle für die Bus Tickets. Es sind gelbe Busse. Ich kaufe mir einen Tagespass und bezahle dafür 30 USD in Cash. Der Bus kommt, ich klappe den Hotelschirm zusammen, steige ein, lasse das beim Kauf erhaltene Blatt mit dem QR Code einlesen und erhalte dafür das eigentliche Ticket, das ich bei jedem Einsteigen zeigen müsse. Ich steige in das Oberdeck hoch.
Der grösste Teil vom Bus ist ungeschützt im Regen, aber vorne gibt es ein abgeschlossenes Abteil. Die beiden vordersten Plätze auf der linken Seite sind frei; ich beschlage sie. Rechts sitzt ein schweizerdeutsch sprechendes Paar; ich oute mich aber nicht als Verstehender. Die Scheiben sind innen beschlagen, was ich mit den Händen beheben kann. Aber auf die Regentropfen auf der Aussenseite habe ich keinen Einfluss. Die Sicht ist eingeschränkt, ich verzichte aufs Fotografieren. Schlecht ist auch die Verständigung mit den erhaltenen Wegwerfkopfhörern. Es knackt und die Qualität der Stimme lässt zu wünschen. Ich plane, die ganze Strecke zu fahren.

Silvia und ich haben ja schon mal Buenos Aires besucht, 2019, anlässlich einer Kreuzfahrt. Die Highlights dieser Stadt kenne ich also, inkl. Tango-Vorführungen. Es hat viel Verkehr, viel Stau, der Bus kommt nur schleppend vorwärts, was mir aber egal ist, habe ich doch genügend Zeit. Irgendeinmal kommt die Mitarbeiterin, die nebst dem Chauffeur mit an Bord ist, hoch und teilt uns mit, dass wir in den vor uns wartenden Bus wechseln müssen. Ich packe meine Siebensachen - oder wieviele sind es? - Rucksack (1), Jacke (2), Kopfhörer (3), Streckenkarte (4), Schirm (5) und Kameratasche (6), und gehe nach unten, verlasse den Bus und steige im anderen Bus wieder ein und hoch. Die technische Installation ist hier noch schlechter. Viele der Kästchen weisen Mängel auf.
Langsam aber stetig meldet sich ein Hungergefühl. Aus Erinnerung weiss ich, dass es im Hafengebiet Puerto Madero viele Restaurants gibt; bei der entsprechenden Station verlasse ich den Bus. Beim Herumgehen realisiere ich, dass es nicht mehr regnet, aber auch, dass mein Schirm nicht mehr mit mir ist; er blieb im Bus zurück.

"Die Puente de la Mujer (deutsch: Die Frauenbrücke) ist eine Schrägseil-, Dreh-, Fussgängerbrücke über das Hafenbecken Dique 3 in Puerto Madero, einem beliebten Hafengebiet in Buenos Aires. Die 170 Meter lange Brücke wurde von dem spanisch-schweizerischer Architekten Santiago Calatrava entworfen. Die Hafenbecken von Puerto Madero werden zwar nicht mehr von der Berufsschifffahrt genutzt, jedoch müssen sie befahrbar bleiben. Deshalb wurde die Puente de la Mujer als Drehbrücke ausgeführt. Der 103 m lange bewegliche Überbau wird beim Öffnen um 90° gegen den Uhrzeigersinn gedreht, in seiner Endposition liegt er auf einer zusätzlichen Stütze im Hafenbecken auf."

Diese Aufnahme stammt vom 2. März 2019, meine damalige Vermutung hat sich nicht bewahrheitet, wie das nachstehende aktuelle Foto zeigt.

Viele Restaurants sind geschlossen. Es will ja niemand draussen im Regen sitzen oder sind sie nur abends geöffnet?

Trotz gut gelegenem Biergarten, definitiv kein Cerveza-Wetter.

Nun setze ich über den Río de la Plata, dem Fluss, an dem Bueno Aires liegt, oder mindestens über den Kanal hier, und schaue auf der anderen Seite nach einem ansprechenden Restaurant Ausschau. Ich setze mich auf der Terasse an einen Tisch. Mit dem QR Code gelange ich zur Menü-Karte, erklärt mir die Kellnerin. Ich hätte keine Verbindung, sage ich ihr. Sie zeigt mir den Wifi Zugang und tippt das Passwort gleich ein. Die "hilfreiche" Übersetzung ins Deutsche löst bei mir auch Fragen aus, Bilder gibt es nur eines. Ich erkläre der Bedienung, dass ich nicht grossen Hunger habe und weise auf das Bild. Das sei ein Tomahawk Steak ... für zwei Personen! Sie empfiehlt mir ein anderes Stück Fleisch. Als die beiden jungen Männer am Nachbartisch ihr bestelltes Essen serviert bekommen, stehe ich auf und frage sie, ob ich es fotografieren dürfe; ich darf.

Mein Stück Fleisch sieht auch lecker aus, doch ich bin definitiv kein Fleischliebhaber.

"A.R.A. Presidente Sarmiento (A.R.A. steht für spanisch Armada de la República Argentina) ist ein Vollschiff (rahgetakelter Dreimaster), das als Segelschulschiff der argentinischen Marine diente und heute als Museumsschiff im Hafen und Stadtviertel Puerto Madero von Buenos Aires liegt. Das Schiff wurde nach dem argentinischen Präsidenten Domingo Faustino Sarmiento benannt, der 1872 die erste Marineschule (Escuela de Náutica, ab 1873 Escuela Naval Militar) des Landes gegründet hatte."

Nach dem Kaffee verlange ich die Rechnung, die ich wieder mit USD bezahle, da ich gar keine Argentinische Peso gewechselt habe.

Ob ich da fragen soll, wo mein Schirm ist?

Ich gehe zur gleichen Station zurück, wo ich ausgestiegen bin. Als ich auf die Zielstrasse zukomme denke ich, dass es Pech wäre, wenn jetzt der Bus heranfahren würde und … er kommt tatsächlich. Ich erhöhe mein Tempo und beginne zu winken und rufen und … erreiche ihn. Ich sitze nun oben im Aussenbereich, nur die äusseren Sitze sind noch nass. Dafür sind die Geräte in diesem Bus neu und funktionieren. In der Avenida de Mayo steige ich bei der Station 02, wo ich die Rundfahrt begonnen habe, aus. Die Kolonne der Wartenden beim CaféTortoni ist immer noch lang; ich verzichte. Zudem ist genügend Zeit vergangen, so dass mein Zimmer bereit sein sollte. Da ich zudem im Bus auch einige Male in einen Sekundenschlaf gefallen bin, kehre ich zum Hotel Intercontinental zurück.

Beim Aushändigen vom Zimmerbatch frage ich nach dem Info Schreiben von Atlas Ocean Voyages, welches vorliegen sollte. Negativ. Der Rezeptionist weist mich dafür auf eine aufgestellte Tischreihe in der Lobby hin, wo drei Mitarbeitende die Reisenden begrüssen und mit Informationen und Kofferetiketten fürs Schiff versorgen.

Der früh beginnende zeitliche Ablauf von Morgen wird mir erklärt; ich bin dem gelben Transfer-Bus zugeteilt und muss um 04:40 Uhr bereit sein. Endlich im Zimmer, packe ich nur das Allernötigste aus, denn meinen Koffer muss ich bis spätestens 21 Uhr vor die Türe stellen. Ich stelle den Wecker, will mir eine Stunde Schlaf gönnen, und lege mich müde aufs Bett; doch ich kann nicht einschlafen. So stehe ich auf, dusche, ziehe frische Wäsche an, gehe in die Hotelbar auf einen Aperitif und lese in meinem E-Book Reader. Anschliessend bestelle ich im Hotelrestaurant eine Vorspeise, Beefsteak Tatar. Ich frage nach einem Rotwein aus der Gegend Mendoza. Ein Fond de Cave Reserva Malbec wird mir empfohlen; ein sehr feiner Wein.

Zurück im Zimmer schaue ich auf Netflix einen Film zu Ende und lese im e-Reader ein Buch fertig. Dann packe ich meinen Koffer und stelle ihn mit umgehängter Kabinenetikette vor die Zimmertür. Als Backup habe ich bei der Rezeption einen wake-up call bestellt; geweckt werden sollte ich jedoch durch mein Handy.

 

Dienstag, 27. Februar 2024: Buenos Aires, Ushuaia, Einschiffung; "World Voyager sets sails for Antarctica"

Sehr früh, 03:15, klingelt mich der gestellte Wecker aus dem Bett. Richtig, jetzt geht’s weiter, weiter in den Süden Argentiniens, ganz in den Süden. Beim Zähneputzen klingelt das Telefon. Ich schaffe es nicht, den Hörer rechtzeitig abzunehmen; beim zweiten Klingeln klappt es und ich bedanke mich bei der Rezeption für den Weckruf. Beim Packen stelle ich fest, dass ich den Sack mit den benutzen Kleidern - viele sind es zwar noch nicht - nicht in den Koffer gelegt habe. Nun muss halt auch das noch in mein Handgepäck, meinem Rucksack.

Mit dem Lift fahre ich ins Parterre und gehe zuerst nach draussen; es ist noch finster. Danach mache ich das Check-out, ohne die Zimmerkarte abzugeben. Anschliessend steige ich die Treppe einen Stock tiefer, wo ein improvisiertes Frühstück aufgebaut ist. Da ich keinen Hunger habe, trinke ich nur einen Kaffee und ein Glas stilles Wasser.

Zum ersten Mal sehe ich nun die Mitreisenden. Auf den ersten Blick mehrheitlich "ältere Semester" wie ich. Später werde ich diesen Eindruck korrigieren müssen. Anschliessend wieder hoch ins Zimmer und fertig machen. Ich habe zuviel Zeitreserve eingebaut, so dass ich es gemütlich angehen kann. Bei der Rezeption gebe ich den Batch ab und warte in der Lobby.

Die Teilnehmenden für den ersten Bus werden zusammengesucht. Der Bus füllt sich und fährt los.

Kurz darauf kommt Yellow, mein mir zugeteilter Bus, der mich und andere zum Flughafen bringen wird. Der Reiseleiter im Bus macht eine Nationen-Umfrage; die Meisten sind US-Bürger.

Da der Verkehr flüssig ist, sind wir früher beim Flughafen als eingerechnet. Beim Check-in erwartet uns eine grosse Kolonne; wir reihen uns ein. Später kommt eine Atlas Mitarbeiterin mit entsprechend hoch gehaltenem Plakat und lotst uns an den anderen Wartenden vorbei bis zum Security Check, da für uns schon eingecheckt worden sein. Diesmal werde nicht nur ich kontrolliert - wegen meinen künstlichen Hüftgelenken piept es bei mir immer - sondern beinahe alle werden nach einem Piepton überprüft.

Bei der Anzeige der Flüge sehe ich, dass es einige nach Ushuaia gibt.

Nach dem Öffnen fürs Boarding gehen wir zu einem wartenden Bus, der uns zu unserem Flieger fährt.

Der Flug dauert 3 Stunden und 40 Minuten.

Gelandet auf dem Flughafen am "Ende der Welt".

Ungewohnt präsentiert sich das Flughafengebäude in Ushuaia mit viel Holz. Nach der Landung übernehmen wir beim Gepäckband unser gestern abgegebenes Gepäck, um es kurz darauf wieder zu deponieren. Das Gepäck wird direkt aufs Schiff und in unsere Kabinen gebracht.

"Ushuaia ist die südlichste Stadt Argentiniens und liegt am Beagle-Kanal. Das Wort „Ushuaia“ kommt aus der Sprache der Ureinwohner Yámana und bedeutet „Bucht, die nach Osten blickt“. Ushuaia konkurriert mit dem zu Chile gehörenden Puerto Williams auf der Insel Navarino um den Titel, südlichste Stadt der Welt zu sein. Der Ort Puerto Williams liegt zwar südlicher, ist aber nach chilenischem Recht keine Stadt (ciudad), sondern ein Dorf (pueblo). Die Stadt liegt an der Südseite der Grossen Feuerland-Insel (Isla Grande de Tierra del Fuego) am Beagle-Kanal. Ushuaia ist die Hauptstadt der argentinischen Provinz Tierra del Fuego (deutsch: „Feuerland“). Zum Verwaltungsgebiet Ushuaia gehört auch die östlich von Feuerland gelegene, 534 km² grosse Insel Isla de los Estados."

Vor dem Flughafengebäude warten zwei Busse, wieder mit Green und Yellow beschriftet. In meinem Handgepäck führe ich seit Cham drei Schachteln Lindt Lindor Kugeln mit. Gedacht sind sie als Dankeschön für die Mitarbeiterinnen von "meinem Reisebüro" vor Ort. Wie ich nun erfahre, werde ich in Ushuaia keine Zeit haben, um die Schokoladen Geschenke Carolina oder Yesica vorbei zu bringen, da wir nach der Rundfahrt direkt zum Hafen fahren würden. Schade, selber essen oder klappt es vielleicht bei der Rückkehr? Die Tour in den Nationalpark Tierra del Fuego, dem südlichsten Nationalpark der Welt, beginnt. Er befindet sich auf der Insel Feuerland, die Teil eines grösseren gleichnamigen Archipels ist. Nur ein verhältnismässig kleiner Teil sei fürs Publikum geöffnet, erfahren wir von der Reiseleiterin, der Rest des Parkes ist reserva estricta, also ein streng geschütztes Reservat. Während unserer Kreuzfahrt Rund um Südamerika, haben wir auch in Ushuaia angelegt. Silvia und ich haben damals den Ausflug in den Nationalpark gebucht, weshalb jetzt bei mir keine Spannung aufkommt. Damals hatten wir schöneres Wetter als heute und auch mehr Stopps.

Bahía Ensenada Zaratiegui am Beagle-Kanal: Selbstverständlich darf eine Halt beim "Postamt am Ende der Welt" nicht fehlen. Diese kleine Baracke aus Wellblech und Holzpfählen auf einem kurzen Pier ist ein Muss für alle Reisenden.

So sah es am 9. März 2019 aus.

Die Aufenthaltsdauer wird genau auf die Minute kommuniziert, so ist die Abfahrt von hier auf 12:25 Uhr festgelegt, was wir beinahe schaffen; eine Mitreisende musste beim Post Office (zu) lange warten.

Alle haben beim Start in Ushuaia eine Lunchbox erhalten. Individuell werden sie nun geöffnet und der Inhalt konsumiert.

Bahía Lapataia, Halt bei einer weiteren Bucht am Beagle-Kanal und Weiterfahrt um 13:30 Uhr.

Den nächsten kurzen Halt machen wir beim Lago Roca; wir bleiben aber auf der argentinischen Seite.

Als letztes fahren wir zum Centro de Información Turística. Es hat zwar dort eine kleine Ausstellung über die Urgeschichte und die Tiere, aber mehrheitlich geht es um das Aufsuchen von sauberen Toiletten. Um 14:35 Uhr ist die Rückfahrt nach Ushuaia angekündigt. Auf der Rückfahrt bin ich nicht der Einzige; auch andere verabschieden sich kurzfristig in einen Sekundenschlaf.
In Ushuaia steigen wir im Hafen aus und folgen der Reiseleiterin zum Tender, einem der Rettungsboote der World Voyager, die weiter draussen im Hafen vor Anker liegt. Wo?

Nun kommt erstmals eine gewisse Spannung bei mir auf, habe ich doch noch nie eine Kreuzfahrt mit einer Tenderbootfahrt begonnen (bei Ausflügen schon).

Nach der Überfahrt legen wir beim Schiff an, steigen aus und werden von Crew Mitgliedern freundlich willkommen geheissen. Der Weg zur Atlas Loungs wird uns gezeigt, wo ein Glas Champagner und kleine Häppchen gereicht werden.

Bordarzt Dr. Nikoaev verteilt Formulare; er will einige Gesundheitsfragen beantwortet haben.

Yacht General Manager Leitner aus Österreich begrüsst die Anwesenden und teilt mit, dass wir 153 Passagiere und 132 Crewmitglieder seien. Er weist auf die Sicherheitsübung um 18 Uhr hin, die für alle, Crewmitglieder und Passagiere, obligatorisch ist. Wir müssen mit den Schwimmwesten zu den in der Kabine markierten Besammlungsplätzen gehen. Danach erklärt er das nun folgende Prozedere: Mitglieder der Crew gehen von Passagier zu Passagier um das Check-in zu machen. Pass und Kreditkarten werden eingelesen; auch ein Foto von jedem/jeder wird gemacht. Danach werden die Bordkarten ausgehändigt und wenn man/Frau soweit ist, führt ein Crew Mitglied die Neuankommenden zu ihren Kabinen. Noch vor dem Austrinken lasse ich mich zu meiner Kabine 623 führen.

Mir wurde eine Doppelkabine mit Balkon zugewiesen.

In der Kabine finde ich erstmals den Daily Voyager vor, der über die Destinationen und das Wetter, aber auch über die Aktivitäten des Tages informiert.

Ich packe meinen Koffer aus, hänge die Kleider in die beiden Schränke oder lege sie in Schubladen und richte mich häuslich ein. Danach lese ich die erhaltenen Informationen und das Tagesprogramm. Bewaffnet mit dem Deckplan steige ich von meinem Deck hoch auf Deck 8, mache eine Runde übers Heck zum Bug und steige danach wieder runter bis auf Deck 4.

Als die Durchsage für den Mandatory Safety Briefing and Guest Safety Drill erklingt, kehre ich in die Kabine zurück, nehme eine der beiden Schwimmwesten und begebe mich zum Treffpunkt 2 auf Deck 4. Dort lege ich die Schwimmweste um und lasse sie kontrollieren. Dann ist Warten angesagt, bis alle Passagiere eingetroffen sind.

Die Stimmung ist locker; klar, es ist ja nur eine Übung.

Jetzt noch schön in Kolonnen einreihen, damit die Zählung gemacht werden kann.

Alles scheint okay zu sein, wir können wieder zurück in die Kabinen. Dort hänge ich die Schwimmweste wieder in den dafür vorgesehenen Schrank und denke dabei, dass ich diese nie benötigen möchte.
Viertel vor sieben gehe ich wieder aus der Kabine und stosse beinahe mit einem Kellner zusammen. Aha, das wird unter Meet the Neighbors verstanden, eigentlich klar, wenn man richtig liest und das Wort "hallway" kennt: Apéro im Flur/Gang/Korridor vor den Kabinen - das habe ich so noch nie erlebt.

Das Abendessen wird von 19 bis 21 Uhr im Restaurant Madeira auf Deck 4 serviert. Da ich hungrig bin, gehe ich bereits kurz nach sieben Uhr ins Restaurant.

Kurz vor 20 Uhr macht der norwegische Kapitän Ulset die Durchsage, dass wir nun auslaufen werden. Das will ich mir nicht entgehen lassen. Vom Restaurant kann man direkt auf ein Aussendeck gehen.

Von Ushuaia aus fahren wir zuerst durch den Beagle Kanal, bevor wir aufs offene Meer gelangen.

"Der Beagle-Kanal ist eine natürliche Wasserstrasse im Süden Feuerlands an der Südspitze Südamerikas, die den Atlantik mit dem Pazifik verbindet. Benannt ist der Kanal nach dem britischen Forschungsschiff Beagle, mit dem Robert Fitzroy die Wasserstrasse 1831 entdeckte. Neben der bekannteren Magellanstrasse ist der Beagle-Kanal im Süden des amerikanischen Kontinents die einzige Wasserstrasse zwischen Pazifik und Atlantik, soweit man die auf offener See um das Kap Hoorn herumführende Drakestrasse nicht dazuzählt. Im östlichen Abschnitt des Kanals verläuft mitten durch die stellenweise knapp unter 5 und bis maximal 16 km breite Wasserstrasse seit 1881 die Grenze zwischen Argentinien und Chile."

Danach beginnt die lange Überquerung der Drake Passage. Wir werden drei Nächte und zwei Tage unterwegs sein, um den 1000 Km breiten Wasserweg, der den Pazifik und den Atlantik verbindet, zu durchqueren.

"Die durchschnittliche Tiefe der Drake Passage beträgt 3400 Meter, wobei man jedoch annimmt, dass der Meeresboden am südlichen und nördlichen Rand der Strasse bis zu 4800 Meter tief ist."

Müde lege ich mich ins Bett und gebe mich der ersten Nacht in der Drake Passage hin.

 

Mittwoch, 28. Februar 2024: Drake Passage, erster Tag/zweite Nacht

Kurz nach sechs Uhr bin ich wach und entscheide, aufzustehen. Neugierig trete ich auf den Balkon um zu sehen, was es zu sehen gibt.

Nichts. Ein Blick nach vorne und nach hinten zeigt nur Meer, und so wird es noch bis übermorgen früh sein.

Duschen mit Brille? Sicherlich nicht, dafür ist das Risiko hoch, dass das Wasser von der falschen Seite kommt ...

... Brause in die Hand nehmen, Hebel auf, Wasser kommt ...

... kalt von oben. Hebel sofort zu. Mischer umstellen, Wasser kommt ...

... kalt von hinten. Hebel sofort zu. Nun bücke ich mich um so die sechs Einstellungsmöglichkeiten und -kombinationen lesen zu können.

Frühstück gibts erst ab 8 Uhr. So mache ich mich auf, mein Schiff-Universum zu erkunden.

Meine Kabine 623 liegt mittschiffs auf Deck 6. Ich gehe zum hinteren Treppenhaus und steige - wie ich es auf den gemeinsamen Kreuzfahrten mit Silvia von ihr gelernt habe - zu Fuss zuerst auf Deck 8 hoch.

Auf dem "running track" umrunde ich das ganze Aussendeck. Ich bin alleine.

Gemäss Wetterprognose bewegen sich die Temperaturen zwischen 3 und 7 Grad und ich bin nur suboptimal bekleidet. So fühlt es sich zusammen mit dem Wind schon recht frisch an.

"Atlas Ocean Voyages wurde im September 2019 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Fort Lauderdale, Florida. Wir sind die US-Tochtergesellschaft der Mystic Invest Holding, einem führenden Unternehmen im Reise- und Tourismussektor mit Sitz in Portugal, was Atlas zur ersten Hochseekreuzfahrtgesellschaft macht, die unter portugiesischer Flagge fährt. Die Mystic Invest Holding verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in den Bereichen Gastgewerbe und Reisen, einschliesslich Flusskreuzfahrten, Touren und Attraktionen. Wir haben im August 2021 unsere erste Yacht, World Navigator, vorgestellt und sind seitdem führend in der Luxus-Expeditionskreuzfahrt als erste, die sich auf ganzjährige Expeditionen begeben.

Mit den schwarzen Zodiacs werden wir dann später wohl die Ausflüge machen.

"1930 entwickelte Zodiac das Konzept des aufblasbaren Gummiboots. Der französische Arzt und Abenteurer Alain Bombard kam auf die Idee, zwei bereits existierende Konstruktionselemente aus dem Bereich des Bootsbaues, nämlich das Schlauchboot in Bootsform und den festen Boden, zu einem Festrumpfschlauchboot zu verbinden. Der Boden war dabei flach. Beim ehemaligen französischen Flugzeughersteller Zodiac fand Bombard die Werkstätten und das Personal, welche er benötigte, um eine Serienfertigung aufzunehmen, die dann allerdings keine Festrumpfschlauchboote ablieferte, sondern wieder voll aufblasbare Schlauchboote, wenn auch mit Holzeinlegeböden. Zum Erfolg der Zodiacs führte neben der erfolgreichen Atlantiküberquerung Bombards aber auch die Tatsache, dass Cousteau in seinen meeresbiologischen Filmen nie von seinem „Schlauchboot“ sprach, sondern immer nur von seinem „Zodiac“, was im französischen Sprachraum dazu führte, dass schon in den 1960er Jahren „Zodiac“ als Synonym für Schlauchboot Eingang in die Sprache des dortigen Bootsbaus fand und dass jeder wusste, wo es ein solches Boot zu kaufen gab. Dies führte zu grossem wirtschaftlichen Erfolg und zur Etablierung der Marke Zodiac in diesem Bereich. Die Boote von Zodiac werden weltweit bei Behörden, Militär, Umweltorganisationen, Fischern und privaten Nutzern eingesetzt."

"September 2013: Das Expeditionsschiff WORLD VOYAGER verlässt die Flotte des Stuttgarter Kreuzfahrtanbieters nicko cruises und fährt ab Mitte September für die Schwestergesellschaft Atlas Ocean Voyages. Als Begründung führt der Stuttgarter Kreuzfahrtexperte an, bereits jetzt absehen zu können, dass die Mindestteilnehmerzahlen für diese Reisen langfristig nicht zu erreichen sind. Der Wechsel in den amerikanischen Markt ist auch eine strategische Entscheidung innerhalb der Mystic Holding. Der Wechsel von WORLD VOYAGER zu Atlas Ocean Voyages ist eine sinnvolle wirtschaftliche Entscheidung innerhalb der Mystic Holding“, so Guido Laukamp, Geschäftsführer von nicko cruises. „Wir sind nach wie vor überzeugt von den Vorteilen des kleinen Expeditionsschiffes, sehen aber bei unserer US-amerikanischen Schwestergesellschaft eine deutlich höhere Nachfrage nach Expeditionskreuzfahrten im Luxussegment."

Nun steige ich Deck um Deck runter und mache auf diesen, sofern es möglich ist, auch Umrundungen. So lerne ich das Schiff kennen. Auf Deck 4 ist unter anderem das Expedition Team angesiedelt. Es wird für mögliche Zusatzaktivitäten geworben.

Das Biwakieren wurde mir im voraus von unseren beiden familieninternen Extremsportlern empfohlen. Ich bin skeptisch. Wie sieht es mit Toiletten aus? Erinnerungen an meine entsprechenden Erfahrungen auf dem „Dach der Welt“, 2015 im Südwesten von Tibet, melden sich. Unter anderem habe ich beim heiligen Lake Manasarovar, auf einer Höhe von 4586 MüM, in einem Zelt übernachtet. Die Toilettengänge waren eine mühsame Angelegenheit:

Den definitiven Entscheid, ob ich diese teure Übernachtung buchen soll oder nicht, verschiebe ich vorerst mal.

Es ist an der Zeit, um an der ersten obligatorischen Aktivität im Auditorium teilzunehmen. Stefano Tricanico, Expedition Leader, begrüsst uns und bittet als erstes die ansehnliche Anzahl Mitglieder seines Expeditions Team auf die Bühne. Die insgesamt 12 Personen stellen sich selber vor; sie kommen "aus aller Herren Länder".

Einem Sprichwort folgend, vernehmen wir, wer Chef ist und sagt, wo es langgeht: Wetter und Eis (und der Kapitän).

Danach wird uns audiovisuell das Besteigen, Fahren und Verlassen der Zodiacs erklärt:

Damit wir sicher vom Schiff in das Schlauchboot wechseln können, werden wir von Matrosen an Bord, wie auch vom Schlauchbootführer, Unterstützung erhalten. Dafür umfasst man sich mit Hand und Unterarm, im sogenannten Sailor Grip (Matrosengriff). Es ist eine besondere Verbindung zwischen zwei Menschen, wie die Bronzeskulptur vor dem Eingang zum Gemeindehaus meiner Wohngemeinde Cham veranschaulicht. Die Bronzeplastik "Verbunden" stammt vom Zuger Bildhauer Stephan Schmidlin.

Sobald man das Zodiac betreten hat, heisst es dann den zugewiesenen Sitzplatz einnehmen in dem man sich auf die Gummiwulst setzt und an seinen Platz rutscht. Schon bei leichtem Seegang merkt man, wie wichtig es ist, sicher zu sitzen. Deshalb ist das Aufstehen im Schlauchboot, ohne vorher den Bootsführer zu fragen, nicht erlaubt.

Bei der Anlandung fährt das Zodiac auf den Strand, Teilnehmer des Expeditionsteams nehmen es in Empfang. Sobald das Boot fest ist, rutscht man auf der Wulst des Schlauchbootes nach vorn, reicht dem Helfenden die Hand und steigt mit dem Matrosengriff auf die Felsen oder den Strand. Bei der nassen Anlandung schwingt man die Beine über den Schlauchbootrand und steigt so ins Wasser; die Gummistiefel kommen zum Einsatz.

Wo sind wir zwischenzeitlich?

Unsere Positionen um 07:36 Uhr und 3 ½ Stunden später um 11:02 Uhr; noch weit weg von Antarctic Peninsula.

Beim Briefing für das Kayaking muss ich nicht dabei sein, aber um 14 Uhr will ich zum Camping Briefing um mehr Informationen zu erhalten. Da vernehme ich, dass das Camping wegen den bereits tiefen Temperaturen in der Nacht nicht mehr durchgeführt werden kann. Die Entscheidung über meine Teil- oder Nichtteilnahme ist mir abgenommen worden; bin nicht unglücklich darüber und spare 500 Dollar.

Das Wetter ist besser geworden, so unternehme ich nach dem Mittagessen wieder einen Ausflug auf Deck 8 und absolviere auf der Fittnessstrecke während beinahe einer Stunde - gehend, nicht rennend, Runde um Runde. Der Schrittezähler verdankt es mir mit 6467 Schritten.

Mit solchen Kranen, je einen auf jeder Seite, werden die Schlauchboote aufs Wasser gesetzt.

Um halb fünf sitze ich im Auditorium; Jan vom Expeditionsteam hält einen Vortrag zum Thema "Why are we in Antarctica?"

Jan erzählt auch über seine Zeit als Biologe auf Ausseneinsätzen in sehr abgelegenen Gebieten dieser Welt. Für Forschungsprogramme war er unter anderem auf den South Sandwich Inseln; seine Fotos sind faszinierend und seine Erzählungen interessant.

"Die Südlichen Sandwichinseln sind eine Inselkette im subantarktischen Südatlantik. Die Gruppe zählt politisch zum britischen Überseegebiet Südgeorgien und die Südlichen Sandwichinseln, wird allerdings auch von Argentinien beansprucht."

Später am Nachmittag verkündet Cruise Director Aleks Janjic mit einer Durchsage, dass Kapitän Terje Ulset die Brücke zur Besichtigung freigibt. Klar bin ich dabei.

Anno dazumal war Handarbeit am Steuerruder nötig, heute kann sogar freihändig und mit verschränkten Armen gefahren werden.

Die Kommandobrücke ist mit viel Technik ausgestattet.

Eine der beiden seitlichen Brücken.

7:00 pm, Captain's welcome reception: Beim Begrüssungsempfang des Kapitäns stellt er seine Offiziere und Teile von seinem Personal und Crew vor. Nach dem kurzen Apéro steht der Gang zum Gala Dinner an.

 

Donnerstag, 29. Februar 2024: Drake Passage, zweiter Tag/dritte Nacht

Um halb acht beginne ich, meinem Schrittzähler etwas zu tun zu geben; 7819 Schritte kommen bis Tagesende zusammen.

Ins Schwitzen komme ich bei den Umrundungen nicht. Ab und an wechsle ich die Richtung und spule die Runden auch in der anderen Richtung ab.

Beim anschliessenden Frühstück bestelle ich den angebotenen Frühstücksklassiker:

"Eggs Benedict sind ein US-amerikanisches Frühstücksgericht aus pochierten Eiern auf Toast oder halbierten englischen Muffins mit einer Scheibe angebratenem Kochschinken oder Frühstücksspeck und Sauce Hollandaise. Ausser in den Vereinigten Staaten ist das Gericht auch in Grossbritannien und anderen Ländern anzutreffen, zudem gehört es oft zum Frühstücks-Standardangebot von internationalen Hotels auf der ganzen Welt."

Meine Agenda erinnert mich an den ersten von sechs eingetragenen Terminen: 10:00 am, IAATO Mandatory Briefing: All guests are requiered to attend this briefing in person. This brefing will cover the regulations of Antarctia when going ashore.

Einleitend wird uns der Verbrauch auf einer 11-tägigen Reise vor Augen geführt. Eine unglaubliche Menge muss an Bord geschafft werden, wird verzehrt und muss auf die eine oder andere Art entsorgt werden.

Während in den Anfängen die Besucher der Antarktis überwiegend Entdecker, Abenteurer und Forscher waren, begann ab Ende der 1950-er Jahren ein bescheidener Tourismus. Waren es anfänglich ein paar Hundert Personen, ist seit Anfang der 1990er Jahre der Tourismus in der Antarktis kontinuierlich gewachsen. Zwischen 1992 und 2020 verzehnfachte sich die Zahl der ankommenden Touristen und stieg in der Saison 2019/20 auf 75'000 an. Nach Angaben der International Association of Antarctica Tour Operators (IAATO) besuchten in der Südsaison 2022/23 eine Rekordzahl von 105'331 Menschen die Antarktis, was einen weiteren rasanten Anstieg darstellt. Um diesem Ansturm gerecht zu werden, wurden von der IAATO Regeln im Umgang mit der Antarktis aufgestellt, damit die Natur weiterhin sich selber überlassen sein soll. Zum Beispiel: Nichts, aber auch gar nichts vom Landgang mitnehmen, keine Federn, keine Knochen, keine Steine. Selbstverständlich auch nichts zurücklassen. Eine drohende Gefahr, nebst dem Auslaufen von Treibstoff ist, dass mit Touristenkleidung invasive Samen nicht heimischer Arten eingeschleppt werden können. Da der Grossteil des Tourismus auf eisfreien Küstengebieten konzentriert ist, stellt dies eine grosse Gefahrt für die terrestrische Artenvielfalt des Kontinents dar.

"Die antarktische Reisebranche wird auf der ATCM (Antarctic Treaty Consultative Meeting) durch eine Organisation namens International Association of Antarctica Tour Operators (IAATO) vertreten. Diese 1991 gegründete gemeinnützige Organisation engagiert sich für die Förderung von sicheren und umweltverträglichen Reisen in die Antarktis durch die Privatwirtschaft. Sie ist insoweit eine besondere Organisation, als dass sie Wettbewerber zusammenbringt, um zusammenzuarbeiten, um "Best Practices" zu fördern und die Einhaltung der unzähligen Richtlinien des Antarktisvertragssystems zu garantieren."

Zwischen 11 Uhr und 12 Uhr gibt es den nächsten obligatorischen Termin: Mandatory Biosecurity: All guests must present their clothing they will be wearing ashore in Antarctia for cleaning of all foreign particulates. New clothing never used or worn do not need to be examined. Zu der mir zugeteilten Zeit gehe ich mit meiner Outdoor-Kleidung und Ausrüstung (Kameratasche) in die Atlas Lounge. Dort müssen alle potentiellen Landgänger ihre Kleider und Ausrüstung zur Kontrolle und Reinigung vorlegen. Spezielles Augenmerk gilt dabei den Klettverschlüssen, welche eine Mitarbeiterin vom Expeditionsteam äusserst penibel reinigt. Währenddessen reinige ich mit einem Handstaubsauger die Kleider, die ich tragen werde.

Heute gibts zum Lunch unter Live cooking: Mussels in white wine sauce. Klar bin ich dabei.

Nach dem Mittagessen gibts wieder Durchsagen für die einzelnen Zodiac-Gruppen: Parka & Boot Fitting im Mud Room auf Deck 4. Vor der Reise mussten wir die Grösse für den Parka und die Stiefel durchgeben. Auf dem Weg zu den Garderoben lese ich die aufgehängten Zodiac-Sicherheits-Tips.

Gut organisiert: Die offenen Garderoben-Abteile sind mit den Bereichen der Kabinen beschriftet. Im richtigen angekommen, gehe ich zur Nummer 623, wo ein Parka, eine Schwimmweste und ein Paar Stiefel für mich bereit sind.

Da ich nur dünne Socken anhabe, morgen aber dickere Skisocken anziehen werde, wird mir empfohlen, grössere Stiefel zu probieren. Ich mache es und entscheide mich dann für die Grösse 45.

Nach der Kleideranprobe räume ich alles wieder in den Schrank; bereit für den morgigen ersten Ausflug.

Ein Blick auf den Bildschirm zeigt, dass wir uns dem eisigen Kontinent nähern.

Aus Zeitvertrieb, aber auch aus Interesse, habe ich mich für die Küchen-Tour angemeldet. Maître d'hôtel Aaron Thomas begrüsst uns in der Küche, die ein Deck unter dem Restaurant liegt, und stellt den Koch aus Indien vor. Danach erklärt er uns wie die Prozesse von der Bestellung beim Gast, bis zur Auslieferung vom Essen über die Treppe. Es gebe zwar einen Materiallift, aber der sei nicht praktikabel, da es zu lange daure.

Executive chef Aireson gesteht, dass seine europäischen Kochkenntnissse besser seien als die indischen, da er seine Ausbildung und den bisherigen Lebenslauf in Europa absolviert hätte. Er erklärt uns die einzelnen Stationen in der vollständig in Chromstahl gehaltenen Küche.

Für das Mitmachen erhalten wir eine Erfrischung.

Kurz nach vier Uhr sorgt eine Durchsage vom Kapitän für Aufregung ...

... der erste Eisberg ist in Sicht!

Um 17 Uhr bin ich wieder im Auditorium: Dozent Tony gibt Tips und Tricks zum Fotografieren. Er gibt uns einige Regeln rund ums Fotografieren, die Letzte tönt speziell kreativ: Break the rules.

Spannend wirds auch beim späteren Briefing: Join us and hear more about tomorrow's highlights with our Expedition Leader Stefano Tricanico.

Stefano erklärt, wo die beiden morgigen Zodiac Operationen stattfinden werden, sofern die Natur mitmacht.

Zudem weist er auf die Zuteilung der Teilnehmenden bezüglich Gruppeneinteilung hin. Die Listen seien beim Expeditionsbüro aufgehängt. Wie ich später sehe, bin ich der Gruppe F (A - F) zugeteilt. Die Reihenfolge werden bei allen Ausflügen geändert.

Beim heutigen Dinner ist es für mich nicht ganz einfach, bei der Bestellung die "Onion" zu umgehen.

Dafür zeigt sich die Natur von einer sehr speziellen und für mich erstmaligen Seite.

"Eisberge, die aus Schelfeis entstehen, sind relativ eben und heissen deshalb Tafeleisberge. Sie bilden die grössten Eisberge und sind typisch für die Antarktis. Die maximal gemessene Länge beträgt 300 km.
Tafeleisberge
entstehen, wenn Gletscher an den Küsten weit ins Meer hinausragen und grosse Eisplatten auf dem Wasser treiben, die immer noch mit dem Gletscher verbunden sind. Diese Schelfeis-Platten können zwischen 200 und 1'000 Meter dick sein. Die grössten Schelfeisflächen befinden sich in der Antarktis sowie entlang der Küsten von Grönland und Alaska. Wenn grosse Teile des Schelfeises abbrechen, treiben sie als Tafeleisberge in das Polarmeer hinaus."

 

Der spätere Blick auf die Positionsbildschirme bestätigt, dass wir nun im eisigen Gebiet angekommen sind.

 

Freitag, 1. März 2024, Antarktische Halbinsel: Cierva Cove & Mikkelsen Harbour

Land in Sicht; endlich, wir erreichen die Antarktis!

Nun hält mich nichts mehr, ich muss raus aufs Deck. Rasch ziehe ich mich an.

Ich bin überwältigt. Die Natur ist grossartig, was ich sehe, wirkt auf mich ausserordentlich eindrucksvoll und es fühlt sich herrlich an, hier zu sein. Ein wirklich sehr alter Traum wird wahr; ich bin in der Antarktis!

Crew Mitglieder sind bereits daran, die Zodiacs bereit zu machen.

Blick auf die argentinische Station Primavera.

"Cierva Cove’s Basis Primavera ist eine argentinische Forschungsstation, die 1977 gegründet wurde und aus den Einrichtungen eines früheren, 1954 errichteten Marine-Refugiums erweitert wurde. Sie befindet sich am südwestlichen Ufer der Cierva-Bucht und ist nur während des australischen Sommers in Betrieb. Die Wissenschaftler forschen in den Bereichen Ornithologie, Limnologie und der ökologischen Wirkung von Moosen und Flechten."

"Die Cierva Cove ist eine Bucht an der Danco-Küste des Grahamlands auf der Antarktischen Halbinsel. Sie liegt 10 km südöstlich des Kap Sterneck in der Hughes Bay. Das UK Antarctic Place-Names Committee benannte sie nach 1960, nach dem spanischen Luftfahrtpionier Juan de la Cierva (1895–1936), Entwickler des ersten Tragschraubers. Chilenische Wissenschaftler benannten sie dagegen nach Leopoldo Fontaine Nakin, Hydrograph der 3. Chilenischen Antarktisexpedition (1948–1949)."

Erfüllt mit den ersten Einrücken der Antarktischen Halbinsel, steige ich auf Deck 4 hinunter und gehe frühstücken. Nach diesen ersten visuellen Wahrnehmungen werde ich heute zwei weitere Highlights erleben: Meine erste Zodiac-Fahrt und mein erster Landgang!

Die Durchsagen für die Gruppen werden bekanntgegeben. Meine Gruppe F kommt als letzte in der zweiten Schicht dran; wir sollen um 09:50 Uhr bereit sein. Ich werde nervös. Um die Warterei besser überstehen zu können, steige ich aufs oberste Deck hoch.

Viel zu früh - lieber zu früh als zu spät - steige ich in den Mud Room auf Deck 3 hinunter. Teilnehmende der Gruppe vor mir stehen im Korridor bereit für die Ausfahrt. Ich gehe zu meinem Garderobenschrank und beginne mit dem Umziehen.

Mit der Schwimmweste habe ich Mühe, ist nicht ganz einfach, diese von der richtigen Seite her anzuziehen. Gerne lasse ich mir dabei helfen. Danach ist es an mir, mich in die Reihe anzustellen. Bei jedem ankommenden Zodiac geht es vorwärts. Zwischen 8 und 10 Passagiere nehmen in einem Zodiac Platz.

Für diese Fahrt hats nicht mehr gereicht, aber mit dem nächsten Zodiac gehts auch für mich los.

Während dem Einsteigen mit dem Matrosengriff hatte ich keine freie Hand zum fotografieren; nun aber sitze ich an meinem mir zugewiesenen Platz auf dem Rand des Schlauchbootes und bin für mein erstes Zodiac Cruising bereit.

Während dem noch gemütlichen lostuckern erhalten wir Infos über das Verhalten im Schlauchboot; auch für den Fall "Man overboard" (Mann-über-Bord). Nebst diesem Ausruf dürften wir die Person, die ins Wasser gefallen ist, nicht aus den Augen verlieren und müssten dem Steuermann mit ausgestrecktem Arm die Richtung anzeigen. Beim Reinholen sei zu beachten, dass durch die Kleider, die Wasser aufgesogen hätten, die Person schwerer geworden sei. Vor dem gemeinsamen Rausziehen müsste deshalb die Person mehrmals nach unten gedrückt werden und erst beim dritten Mal mit Schwung ins Boot gezogen werden.

Aber nun wollen wir die Zodiac-Fahrt geniessen.

Von weitem ist auf einem Felsenkamm die erste Pinguin-Kolonnie zu sehen. Es seien Chinstrap penguins, Zügelpinguine. Pinguine sind übrigens flugunfähige Vögel.

"Der Zügelpinguin (Pygoscelis antarctica), auch Kehlstreifpinguin genannt, ist eine Art aus der Gattung der Langschwanzpinguine. Er ist nah verwandt mit dem Adeliepinguin sowie dem Eselspinguin. Der Zügelpinguin lebt vor allem im Westen und Norden der antarktischen Halbinsel, ausserdem auch noch an der antarktischen Küste und auf wenigen Inseln im Südatlantik, den subantarktischen Inseln. Sein charakteristisches Merkmal ist ein schwarzer, schmaler Streifen, der sich vom Hinterkopf über die Kehle zieht. Der Bestand wird auf 7'500'000 Brutpaare geschätzt, wovon allein 5'000'000 auf den Südlichen Sandwichinseln leben. Sie gelten als die streitlustigsten unter den Pinguinen und scheuen nicht davor zurück, auch wesentlich grössere Tiere anzugreifen. Es werden keine Unterarten für den Zügelpinguin unterschieden. Die IUCN schätzt die Art derzeit als ungefährdet (least concern) ein."

Da wir gegen Ende des antarktischen Sommers (November bis März) unterwegs sind, bildet sich bereits wieder Packeis: Das Salzwasser gefriert zuerst zu Eisschollen, die dann zu einer zusammenhängenden Eisdecke zuammengeschoben werden.

Die Bootsführerinnen und Bootsführer vom Expeditionsteam steuern ohne Probleme die Zodiacs durch die noch losen Eisstücke.

Unterschiedlich geformte Eisberge präsentieren sich uns, auch in verschiedenen Farbtönen.

Ab und zu erblicken wir unser Schiff.

Bescheidene Vegetation: Auf den eisfreien Flächen erblicke ich nur Moose.

"In der Antarktis herrschen wenig vegetationsfreundliche Bedingungen vor: starke Eisbedeckung, wenig Licht, trockene, sehr salzhaltige Böden und extrem kurze Vegetationsperioden. Jedoch haben einige Pflanzen einen Weg gefunden, sich diesen extremen Bedingungen anzupassen: Das terrestrische Pflanzenwachstum ist auf die eisfreien Gebiete beschränkt und es gibt lediglich einen geringen Artenreichtum. So kommen die einzigen zwei Arten von Blütenpflanzen, die „Antarktische Schmiele” – ein Gras – und die ”Antarktische Perlwurz” – ein kleiner Doldenblütler – vor allem auf der Antarktischen Halbinsel vor. Neben diesen Blütenpflanzen finden sich ansonsten hauptsächlich Moose als Vertreter der Pflanzenwelt.

An einem eisfreien Strand entdecken wir "Robben": Ich möchte mich nicht festlegen, ob es Seebären, Seeelefanten, Seehunde, Seeleoparden oder Seelöwen sind.

Es scheint, dass unsere Exkursionszeit zu Ende geht; wir kehren nach rund 1 ½ Stunden zur World Voyager zurück.

Während der Mittagszeit fährt die World Voyager weiter zu unserem nächsten Ziel: von der Cierva-Bucht zur Mikkelsen-Bucht.

Nicht nur die Eisberge machen die Fahrt abwechslungsreich, auch das Mittagessen, gibts doch heute Live Cooking: Hot Pot; ich bin dabei auf dem Aussendeck.

Selber schöpfen was einem mundet; bei mir gibts nur Crevetten und Nudeln, dafür scharf

Als wir im Mikkelsen Harbour ankommen, steige ich wieder aufs oberste Deck hoch.

"Der Mikkelsen Harbor ist eine kleine Bucht an der Südküste der Trinity-Insel im Palmer-Archipel vor der Westküste des antarktischen Grahamlands. Sie liegt zwischen dem Kap Skottsberg im Westen und dem Borge Point im Osten. Entdeckt wurde die Bucht bei der Schwedischen Antarktisexpedition (1901–1903) unter der Leitung Otto Nordenskjölds. Weder der Zeitpunkt der Benennung noch der Namensgeber sind gesichert. Wahrscheinlich ist eine Namensgebung um das Jahr 1913 durch den schottischen Geologen David Ferguson (1857–1936), der zwischen 1913 und 1914 eine Vermessung der Bucht vornahm. Als Namensgeber kommen der dänische Polarforscher Ejnar Mikkelsen (1880–1971), der norwegische Walfänger Peder Mikkelsen († 1910), laut Stewart aber vor allem Otto H. Mikkelsen in Frage. Letzterer war ein norwegischer Taucher, der den beschädigten Rumpf des Forschungsschiffs Pourquoi Pas? des französischen Polarforschers Jean-Baptiste Charcot am 8. Dezember 1908 unweit der norwegischen Walfangstation auf Deception Island inspizierte."

Die Zodiacs werden wieder ins Wasser gelassen, aber vorerst nicht für uns, die Kajakfahrer sind vor uns an der Reihe.

Das Expeditionsteam hat die Kajaks bereits zu einer improvisierten Insel hingebracht.

Nun folgen die Kajaker mit Zodiacs. Die mutigen Sportler leuchten nicht im Grün wie wir anderen; sie sind in roten, wasserdichten Overalls gekleidet.

Ich schaue dem Geschehen noch ein bisschen zu, danach kehre ich in meine Kabine zurück und geniesse zuerst, da ich noch warm angezogen bin, den Balkon.

 

--> Fortsetzung folgt

 

Der Eselspinguin (Pygoscelis papua), seltener auch Rotschnabelpinguin genannt, ist eine Pinguin-Art in der Gattung der Langschwanzpinguine (Pygoscelis) und am engsten mit dem Adeliepinguin (P. adeliae) sowie dem Zügelpinguin (P. antarctica) verwandt.[1] Die wissenschaftliche Erstbeschreibung unter der Bezeichnung Aptenodytes papua erfolgte 1781 durch Johann Reinhold Forster anhand eines auf den Falklandinseln getöteten und anschließend nach London mitgebrachten Exemplars.[2] Eselspinguine sind die schnellsten Schwimmer unter den Pinguinen, sie erreichen dabei bis zu 27 km/h (nach anderen Quellen bis zu 36 km/h), schwimmen aber durchschnittlich nur bis zu 6 km/h.[3] Der Eselspinguin gilt auch als die scheueste bekannte Pinguinart. Seinen Namen hat er vom eselsartigen Geschrei, mit dem vor Eierdieben gewarnt wird und das auch während der Paarungszeit zu hören ist. Es werden zwei Unterarten anerkannt, die sich nur in ihrer Körpergröße unterscheiden. Von der IUCN wird der Eselspinguin als ungefährdet (engl. least concern) eingestuft.[4] Er erreicht eine durchschnittliche Lebenserwartung von 15 Jahren.[3]

Eselspinguine erreichen eine Körperlänge zwischen 75 und 90 Zentimeter. Sie sind damit mittelgroße Pinguine, nur der Kaiser- und der Königspinguin sind größer.[5]

 

 

 

 

 

Samstag, 2. März 2024, Antarktische Halbinsel: Pleaneau Island & Flandres Bay

Die Hauptnahrung der Zügelpinguine bildet der Krill und einige kleinere Fischarten. Zügelpinguine können nachgewiesenermaßen bis zu 100 Meter tief tauchen. Gewöhnlich fangen sie ihre Nahrung jedoch in Tauchtiefen zwischen zehn und vierzig Metern.[5] Während der Brutzeit suchen sie ihre Nahrung nahe der Brutkolonien. Sie sind dann in der Regel nur drei Stunden von der Brutkolonie abwesend. Es gibt aber auch Brutkolonien, bei denen brütende Vögel bis zu 48 Stunden abwesend sind.[5] Pro Stunde wurden zwischen 6,6 und 14,3 Tauchgänge gezählt. Der einzelne Tauchgang dauert häufig nicht länger als 18 bis 19 Sekunden, gelegentlich bleiben Zügelpinguine aber auch bis zu 85 s unter Wasser.

 

--> Fortsetzung folgt

 

Sonntag, 3. März 2024, Antarktische Halbinsel: Orne Harbour & Usdeful Island

 

 

--> Fortsetzung folgt

 

Montag, 4. März 2024, Antarktische Halbinsel: Portal Point & Enterprise Island

 

 

--> Fortsetzung folgt

 

Dienstag, 5. März 2024: Drake Passage ...

 

 

 

--> Fortsetzung folgt

 

Mittwoch, 6. März 2024: Drake Passage & Site of Tierra del Fuego ...

 

 

 

--> Fortsetzung folgt

 

Donnerstag, 7. März 2024: Disembarkation Ushuaia, Flug nach Buenos Aires ...

 

 

Freitag, 8. März 2024: Heimreise ...

 

 

 

--> Fortsetzung folgt

 

Samstag, 9. März 2024: Ankunft ...

--> Fortsetzung folgt

 

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