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Bhutan

Inspiration - Motivation

Beim ersten Versuch 2002 klappte es nicht. Von West-Bengalen kommend, blieben wir in Phuntsholing stecken. Die Weiterreise nach Thimpu war, wegen durch Erdrutsche unpassierbarer Strasse, nicht möglich. Nach ein paar Tagen mit hoffnungsvollem Warten, "maybe tomorow", organisierten wir die Rückreise zurück nach Indien. Der Besuch im Land des Donnerdrachens steht deshalb noch aus.

Viele Jahrhunderte lang behaupteten die kleinen Himalaya-Königreiche Bhutan, Guge, Ladakh, Mustang, Purang, Sikkim, Spiti oder Zanskar ihre Unabhängigkeit, Bhutan als Einziges sogar bis heute.

Planung

Flug von Kathmandu nach Paro. Danach West-Ost-Durchquerung bis Samdrup Jongkhar, Grenzübertritt und Weiterreise nach Guwahati im indischen Bundesstaat Assam ...

Verwirklichung

Gemäss Planung wäre ich von Kathmando nach Paro geflogen. Da ich Nepal, wegen dem Erdbeben und den Folgen davon, nicht besuche, fliege ich von Tibet nach Bangkok und, nach einem Visa-Beschaffungs-Marathon-Aufenthalt, von dort aus nach Paro.

Reiseberichte 12. Juni bis 26. Juni 2015

139. und 140. Tag; 13. Juni 2015, Paro, West-Bhutan

Freitag Also sooo schlimm war es auch wieder nicht, dass ich Bangkok so früh am Morgen verlassen muss. Der Wecker tut seine Pflicht um 04.30 Uhr und eine halbe Stunde später steige ich in ein Taxi und fahre zum Flughafen. Die Taxifahrt von rund 45 Minuten kostet übrigens gleich viel wie gestern Abend ein Bier in der Sky Bar. Es gibt nur wenige Flüge ins Land des Donnerdrachens, und mein Flug um 06.50 Uhr nach Paro, dem einzigen internationalen Flughafen von Bhutan, macht zudem eine Zwischenlandung in Kalkutta, Indien. Nach der Zollabfertigung geht es bald königlich zu und ich geniesse den Service: zwei Stewardessen für nur sieben Passagiere in der vorderen Klasse. Ursprünglich wollte ich ja von Kathmandu nach Paro fliegen, deshalb ist dieser Flug erst während meiner Zeit in Tibet gebucht worden und es hatte in der Eco Klasse keinen Platz mehr.

Auch wenn ich weiss, dass meine Klasse vorne ist, steige ich hinten ein, um das Flugzeug und das Logo, stellt eine 60 dar, für den 60. Geburtstag des 4. Königs, fotografieren zu können. Ich lese, dass einer meiner Lieblingsschauspieler gestorben ist. Sowohl bei Bangkok Post wie bei The Times of India, die es nach der Zwischenlandung gibt, steht die Meldung über den Tod von Christopher Lee auf den Frontseiten.

Es wird viel geschrieben über diesen Flughafen. Ob gefährlich oder nicht, ob nur wenige Piloten ihn anfliegen dürfen oder nicht, jedenfalls ist der Anflug durchs Paro-Tal sehr speziell und es empfiehlt sich nicht, die Ellbogen aus dem Fenster zu lehnen, denn die Felsen, Berge, Hügel und Häuser scheinen sehr nah.

Das Flughafengebäude ist sehr klein. Beim Warten auf mein Gepäck gibt’s eine Geschichtsstunde über die bisherigen 5 Könige von Bhutan. Nur der vierte König, er lebt immer noch, hat zu Lebzeiten die Krone an seinen Sohn übergeben.

Die Einreiseformalitäten gehen schnell, da Bhutan nur organisiert bereist werden kann und das spezielle Visum alle Daten über mich enthält. Bei einem ATM (Automated teller machine) lasse ich Ngultrum raus, so heisst Bhutans Währung. Danach treffe ich Jigme, meinen Guide, und Dawa, meinen Fahrer. Kurz nach dem Wegfahren kommen wir zu einer Ampel, die bei Landungen und Starts auf Rot steht und den Verkehr anhält, da die Flieger ziemlich tief über die Strasse fliegen. Leider beginnt es kurz darauf zu regnen. Den begonnenen Spaziergang durchs Dorf beenden wir und gehen früher ins Restaurant zum Lunch. Danach fahren wir ins Hotel. Da es immer noch regnet, machen wir für später ab. Als es "später" ist, besichtigen wir die älteste Tempelanlage von Bhutan, Kyichu Dzong, erbaut im 7. Jahrhundert vom tibetischen König Songtsen Gampo.

Da es wieder zu regnen anfängt, fahren wir zurück ins Hotel, wobei ich einen Blick auf die relative kurze Start- und Landepiste des Flughafens werfen kann, und besprechen das Programm für Morgen, das gutes Wetter voraussetzt.

 

Samstag Heute steht bereits mein persönlicher Höhepunkt meiner Bhutanreise an, die Wanderung zum Tigernest. Das Wetter meint es gut mit uns. Bis in die Morgenstunden hat es geregnet, aber beim Aufstehen sehe ich durchs Fenster Schatten, und wo Schatten, ist auch Sonne. Nach dem Frühstück treffe ich mein Team, beide tragen wieder den Gho, die traditionelle Bekleidung der Männer; diejenige der Frauen heisst Kira.

Um halb neun fahren wir los. Im Dorf halten wir kurz an um Opfergaben zu kaufen, die wir einem Mönch im Tempel übergeben wollen: Räucherstäbchen und Butter für die Lampen. Aus ökologischen und ökonomischen Gründen ist es keine Butter, sondern eine aus Palmblätter hergestellte Margarine. Danach geht’s über kurvige Strassen in Nordwestlicher Richtung durch das Paro Tal. Schon bald sehen wir, weit weg und weit oben, unser Ziel (roter Kreis).

Beim Ausgangspunkt der Wanderung bleibt Dawa mit dem Auto zurück, während Jigme und ich die rund 800 Höhenmeter in Angriff nehmen. Kurz vor uns setzen sich mehrere Pferdekolonnen mit Touristen aus China, Indien und Thailand in Bewegung und bald sind wir mitten in den Pferden drin.

Mein Guide meint, wir sollten warten und die Pferde voraus gehen zu lassen. Das passt mir aber nicht, den ich realisiere, dass ich, mit zwei Beinen weniger, schneller als die Pferde bin, die, beim zum Teil wirklich steilen Aufstieg, immer wieder stehen bleiben. Ich überhole Pferd um Pferd bis mir meine Nase signalisiert, dass vor mir keine Pferde mehr sind. Beim Teehaus machen wir eine Pause. Von hier aus geht’s auch für die reitenden Touristen nur noch zu Fuss weiter, oder, nach einem Blick auf das Tigernest, wieder zurück.

Nach einem Tee mit Biscuits geht’s, mehrheitlich im Wald, weiter aufwärts bis wir wieder den Blick frei haben und feststellen, dass wir die Höhe erreicht haben. Leider liegt noch eine Schlucht zwischen uns und unserem Ziel. Also geht’s zuerst wieder runter, bei einem Wasserfall über eine Brücke, und auf der anderen Seite wieder hoch.

Seit ich vom Königreich Bhutan gehört habe, ist dieses Bild in mir und der Wunsch, hier einmal zu sein. Der Anblick ist atemberaubend schön. Alle Bhutanesen besuchen mindestens einmal in ihrem Leben diesen mystischen Pilgerort.

Takshang oder Tigernest, scheint an der senkrechten Granitwand zu kleben. Gemäss der Legende, flog Guru Rimpoche, auf dem Rücken eines Tigers von Tibet zu diesem Ort um hier in einer Höhle zu meditieren. Ich muss schmunzeln als ich auch vernehme, dass der Tiger eigentlich seine Lieblingsschülerin war, die der Guru für die Reise in einen Tiger verwandelte; er nahm also (s)eine Frau mit.

Oben angelangt, müssen Kameras und Mobiltelephone abgegeben werden, auch meine Wanderstöcke sind nicht Tempelwürdig. Wir legen alles, zusammen mit dem Ruckack, in ein abschliessbares Fach und treten danach, nach einem kurzen Security Check, in die Anlage ein. Alles ist auf engstem Raum zusammengebaut. Im ersten Tempel, natürlich müssen die Schuhe ausgezogen werden, fordert mich Jigme auf, dem Mönch meine Gaben zu übergeben. Der Mönch nimmt sie ohne grosse Begeisterung entgegen, murmelt etwas, wohl ein kurzes Gebet, und schenkt mir aus einem Krug heiliges Wasser in meine rechte Handfläche. Einen Schluck davon soll man trinken, was ich nur andeutungsweise mache, und danach mit der Hand und dem Rest des Wassers über die Haare streichen, was ich mache. In diesem Tempel ist auch die Höhle, wo der Guru im 8. Jahrhundert meditierte, aber mit einer Türe verschlossen. Diese wird nur einmal im Jahr, an einem speziellen buddhistischen Feiertag, geöffnet und die Pilger können einen Blick hinein werfen. Mit den Schuhen in den Händen gehts eine steile Treppe hoch zum zweiten Tempel. Dort fasziniert mich vor allem der Blick aus dem Fenster, senkrecht in die Tiefe.

 

141. und 142. Tag; 15. Juni 2015, Thimphu, Hauptstadt, Bhutan

Sonntag Aus irgendwelchen Gründen liegt mein Zimmer meistens in den oberen Stockwerken. Hier in Paro bin ich im obersten, im vierten  Stock, Lift gibt es keinen. Ich bin deshalb froh, als es viertel vor neun an meiner Zimmertüre klopft und zwei Hotelangestellte nach meinem Gepäck fragen. Gerne überlasse ich den beiden meine schwere Tasche. Wieder mit Sonnenschein fahren wir los. Die Fahrt führt das schöne Paro-Tal runter.

Es gibt so unendlich viele schöne Geschichten in Bhutan, eine will ich hier wiedergeben:
Thangtong Gyalpo war ein buddhistischer Heiliger, der noch heute in Bhutan populär ist. 124 Jahre alt soll er geworden sein. Seine Geburt ist wie die vieler außergewöhnlicher Menschen durch Geschichten in legendäres Dunkel entrückt: Thangtong Gyalpo verzichtete zunächst darauf, geboren zu werden, weil er die Misshelligkeiten der Welt aus seinen vielen Vorleben kannte und der Mutter bei der Geburt keine Schmerzen bereiten wollte. 60 Jahre hielt er sich in meditativer Haltung im Mutterleib auf, bevor er sich schließlich doch entschloss, die Welt zu betreten, übrigens gleich im reifen Alter von 60 Jahren, mit weißem Haar und schon weise, sodass er sofort sein Lebenswerk beginnen konnte. Dargestellt wird er in Tibet und Bhutan deshalb oft als dickbäuchiger alter Mann im Lotussitz, mit mächtigem Bart und das wallende weiße Haupthaar zu einem Knoten gebunden. Zu seinen bleibenden Leistungen zählen in Tibet und Bhutan die zahlreichen Klostergründungen und Eisenbrücken.
Bei einer seiner letzten erhaltenen Eisen Kettenbrücken aus dem 14. Jahrhundert (eine heute praktisch nicht mehr verwendete Bauform einer Hängebrücke, bei der nicht Drahtseile, sondern Ketten verwendet werden, um das Brückendeck zu tragen) halten wir an.

Nach knapp 2 Stunden kommen wir in Thimphu, der Hauptstadt Bhutans, an. Als erstes besichtigen wir den National Memorial Choeten, der zum Gedenken des 1972 verstorbenen 3. Königs durch dessen Mutter erbaut wurde.

Dieser Ort ist sehr beliebt, viele Menschen, vor allem ältere, kommen hierher.

Nach dem Mittagessen fahren wir auf einen Hügel, wo ein neues Wahrzeichen errichtet wird. Die Buddha Statue mit dem sehr lieblichen Gesicht ist fertig, das Darumherum noch nicht.

Danach besuchen wir den „Zoo“, wo es, neben ein paar Hirschen, nur das Nationaltier von Bhutan zu besichtigen gibt, der Takin, eine Ziegenart. Gemäss der Legende aus einem Ziegenschädel und einem Kuhskelett entstanden.

Am Dienstag Abend findet ein FIFA-Südostasiencup-Qualifikationsspiel zwischen Bhutan und China statt. Das Stadion von Thimphu wird entsprechend vorbereitet.

Dazwischen lerne ich die verschiedenen Autoschilder kennen. Die Herkunft ist nicht ersichtlich, dafür die Funktion. BP = Bhutan Private, BT = Bhutan Taxi, BG = Bhutan Government, RBG = Royal Body Guard. Es gibt noch weitere, die ich aber bisher noch nicht entdeckt habe. Sollte ich aber auf ein Nummernschild mit lediglich „Bhutan“ stossen, wäre das entweder das Auto des Königs oder des Je Khenpo, des geistlichen Oberhauptes Bhutans.

Nun besuchen wir den Gemüse- und Früchtemarkt. Ich staune, was alles für Früchte in Bhutan wachsen.

Zum Schluss werde ich zum Nationalsport von Bhutan geführt, dem Bogenschiessen. Die lange Distanz über 145 Meter erstaunt mich, ich kenne die Treffsicherheit der Bogenschützen nicht, weshalb ich es vorziehe, nicht auf der Tribüne Platz zu nehmen sondern weiter weg zu stehen. Für die Mitmachenden scheint der Sport Spass zu machen, wird doch nach einem gelungen Treffer eine Art Freudentanz aufgeführt. Als Zuschauer finde ich es eher langweilig, bis ich endlich den Pfeil in der Luft ausmachen kann ist er bereits vorbei und steckt in der Scheibe, oder auch nicht. Nach einer halben Stunde habe ich genug. Wir fahren zurück ins Hotel.

 

Montag Eigentlich sind doch weltweit die Museen montags geschlossen, aber der Besuch von zweien steht auf dem Programm: Die Royal Textile Academy (Textile Museum), bestehend aus lediglich zwei Räumen und einem informativen Video-Film,

sowie das äusserst bescheidene Folk Heritage Museum, bestehend lediglich aus einer Wassermühle und einem Bauernhaus, welches in Zusammenarbeit mit Helvetas realisiert worden ist. Bei beiden darf nicht fotografiert werden.

Der Baustil der Häuser in Bhutan gefällt mir. Ursprünglich mehrheitlich aus Holz, oder kombiniert gemauert. Die Häuser dürfen maximal sieben Stockwerke hoch sein und wenn nur mit Backsteinen gebaut wird, müssen mindestens die Fensterumrahmungen in Holz sein.

Thimphu sei die grösste Hauptstadt der Welt ohne Ampeln. Ruhig regelt der Polizist den Verkehr.

In Bhutan habe ich Vollpension. Ich habe meinem Guide gesagt, dass ich am Mittag nicht viel essen will. Es ist Ansichtsache, ob die Auswahl viel ist oder nicht. Aber perfekt ist, dass für mich immer extra ohne Zwiebeln gekocht wird.

Wir fahren mit dem Auto hoch über die Stadt hinaus und machen eine gemütliche Wanderung. Ein neuer Tempel wird gebaut.

Bei der schönen Aussicht auf Thimphu entdecke ich auch die Residenz des Königs, seiner Majestät Druk Gyalpo (Drachenkönig), Jigme Khesar Namgyel Wangchuck ...

... habt ihr sie gesehen, die Residenz des Königs? Es ist das mit dem gelben Pfeil markierte Haus.

Anschliessend besichtigen wir den Taschicho Dzong, der Gebäudekomplex im Vordergrund, das geistliche Zentrum von Bhutan, aber auch Arbeitsort des Königs und Empfangshalle für wichtige Gäste des Landes.

Wir fahren zurück ins Hotel und werfen noch einen Blick auf die Stadt und auf die grosse Buddha Statue, welche im Abendsonnenlicht strahlt.

 

143. Tag; 16. Juni 2015, Punakha, Bhutan

Ich habe eine kurze und schlechte Nacht hinter mir. Einerseits habe ich bis Mitternacht gearbeitet, die Berichte schreiben mache ich sehr gerne, mühsamer ist es, die Fotos auszuwählen und zu kopieren, und andererseits haben mich bellende Hunde Rudel und jammernde, schreiende Katzen, um, zwar nicht den Verstand, den Schlaf gebracht.

Nichts desto trotz setzen wir nach dem Frühstück meine Reise Richtung Zentralbhutan fort. Am Eingang des Thimphu Tales sehen wir den Simtoka Dzong, der älteste Dzong Bhutans, 1629 durch Shabdrung Ngawang Namgyal erbaut, dem Mann, der Bhutan vereinigte. Ursprünglich war Simtoka, wie jeder Dzong, ein Fort zum Schutz der Region. Heute ist es eine Sprachschule für Dzongkha, die Nationalsprache Bhutans.

Dann geht’s plötzlich nicht mehr weiter, relativ radikale Felsenarbeiten blockieren die Strasse. Im Gegensatz zu meinem bhutanischen Fahrer bleibe ich ruhig. Der abgebrochene Felsen wird einfach über das Strassenbord geschoben wo es polternd in die Tiefe fällt.

Wir fahren weiter zum 3140 MüM hohen Dochu La (Pass), welcher auch Grenze zwischen den Vegetationen bildet. Vor, auf und hinter dem Pass:

Wir fahren den Pass runter bis zu einem kleinen Ort, wo wir das Mittagessen einnehmen werden. Die an die Häuser gemalten Phallus Symbole sollen die Dämonen und bösen Geister vom eigenen Haus fernhalten, sind aber auch ein Zeichen der Fruchtbarkeit.

Vor dem Essen machen wir einen Spaziergang durch die Reisfelder zum Chimi Lhakhang Kloster, welches auf einem Hügel liegt und der Fruchtbarkeit gewidmet ist. Viele Frauen und Pärchen besuchen diesen Tempel und lassen sich mit einem 25 cm langen Holzphallus segnen, aber auch alle Gläubige, die eine Gabe geben, erhalten diese Segnung. Ich habe nichts gespendet, Jigme schon.

Nach dem Mittagessen in einem Restaurant, welches vor einer Woche geöffnet hat und deshalb (noch) keine Messer hat, so mindestens die Erklärung, fahren wir weiter nach Punakha. Beim Zusammenfluss der beiden Flüsse Mo Chhu (weiblich) und Pho Chhu (männlich), steht der Punakha Dzong, immer noch religiöse Hauptstadt Bhutans und Winterresidenz des Je Khenpo, dem religiösen Oberhaupt Bhutans, und seiner Gefolgschaft. Ich kann ihn verstehen, es ist eine unglaublich schöne Tempelanlage, eingebettet in einer schönen Landschaft, zudem sei das Klima hier im Winter bedeutend milder, als im 1000 Meter höher gelegenen Thimphu. Hier wurden auch alle Könige inthronisiert und hier hat der 4. König, der Vater vom jetzigen König, seine vier Frauen, alles Schwestern, geheiratet.

Zum Abschluss des Tages schlägt Jigme eine kleine Wanderung zum Khamsum Yulley Namgyal Choeten, einer Stupa mit Tempel, vor. Dawa fährt uns bis zum Parkplatz am Fluss, wo auch River Rafting Fahrten beginnen. Der Aufstieg ist angenehm und der wunderschöne An- und Ausblick oben erfreut das Herz.

Das Abwärtsgehen macht weniger Spass, zurück über die Brücke zum Parkplatz und mit dem Auto zum Hotel. Unterwegs entdecke ich ein weiteres Nummernschild: RBA = Royal Bhutan Army.

Zum Nachtessen gibt es wieder vom Buffet. Von den verschiedenen Gerichten sind nur zwei ohne Zwiebeln, die beiden mit Fleisch sind nicht dabei. Von sich aus machen sie mir noch eine Omelette und ein zusätzliches Gemüse; ein Vegi Nachtessen. Da ich im Zimmer keinen WiFi Empfang habe, nehme ich das Notebook mit an den Tisch um die Berichte und Fotos zu übermitteln.

 

144. Tag; 17. Juni 2015, irgendwo im Phobjikha Tal, Bhutan

Die tiefere Höhenlage spüre ich, werde ich doch bereits um sechs Uhr wach, da es im Zimmer schon recht warm ist. Gemütliches Aufstehen, warm duschen und Haare waschen, gestern bei der Ankunft musste ich mich mit kaltem Wasser begnügen, packen und frühstücken. Meine beiden Mitreisenden haben im Dorf in einem Hotel übernachtet, sind aber überpünktlich da.

Wir überqueren den Puna Tsang Chhu, so heisst der Fluss nach dem Zusammenfliessen, und fahren auf der anderen Talseite in ein Tal hinein, in welchem eine halb tropische Vegetation herrscht.

Irgendwo da vorne in der Wildnis führt auch unsere Strasse durch, deren Bau Wunden in der Natur hinterlassen hat. Mir gefällt die Fahrt, sie ist recht abwechslungsreich, auch wenn der Zustand der Strasse schlecht ist.

Irgendeinmal ist wieder Schluss mit fahren und es heisst eine Stunde warten, da wir um elf Uhr hier sind und die Strasse erst um zwölf freigegeben wird (Planung?).

Ich vertreibe mir die Zeit in dem ich an der Autokolonne vorbei bis zum Beginn der Bauarbeiten laufe. Die Strasse wird verbreitert. Da Talseitig kein Platz ist, muss der Berg abgetrgen werden. Diesmal wird dem Felsen auch mit Handarbeit zu Leibe gerückt.

Bekanntlich hat alles eine Ende, nur die Wurst hat zwei, und Hanses Hosenträger drei (gäu Vätu?), so auch die Warterei. Wir können sogar zehn Minuten vor zwölf weiterfahren, Richtung Pele La (3390 MüM). Kurz vor dem Pass biegen wir rechts ab und fahren auf einer einfachen Naturstrasse über den Lawala La. Ich lerne, dass bei der Erreichung eines Passes dreimal laut Lhagaylo gerufen wird, was Glück bringen soll. Wir gelangen ins Phobjikha Tal, welches als eines der schönsten in ganz Bhutan gilt. Dieses Tal ist im Winter Zufluchtsort für die seltenen Schwarzhalskraniche, angeblich leben nur noch rund 800 in Freiheit, welche aus Tibet über den Himalaya in dieses Tal zur Überwinterung fliegen. In der Mitte des Tales, auf einem kleinen Hügel, steht das Gangtey Kloster, 1613 gegründet und damit eines der ältesten Klöster Bhutans. Das Kloster hat dem Tal auch seinen zweiten Namen gegeben, das Gangtey Tal.

Im Klostereigenen Restaurant gibt’s unser Mittagessen. Endlich hat es geklappt mit der Menge und es ist mein leckerstes Essen bisher in Bhutan, weil halt gut gewürzt und schön scharf: Bohnen mit Knoblauch, Kartoffel mit weiss was gewürzt und meine bhutanesische Lieblingsspeise, Chili in Käsesauce. Ah ja richtig, ich esse wieder vegetarisch, was mir aber nichts ausmacht.

Danach machen wir einen Rundgang im Kloster, welches mit sehr schönen Holzmalereien verziert ist. In einem Raum arbeitet ein Künstler an Innendekorationen für den Tempel.

Es beginnt zu regnen, zudem spüre ich mein linkes Knie vom gestrigen Abstieg, weshalb ich die Nachmittagswanderung durchs Tal nicht mache. Auf der Fahrt zum Hotel sehe ich Frauen beim traditionellen Häuserbau, bei dem sie singend die Erde stampfen, aus der die Wände gemacht werden.

Das Hotel Dewachen, no TV, no internet, no WiFi, überrascht positiv, vom Aussehen, vom grosszügigen Zimmer (Silvia wo bist du?) und von der schönen Aussicht ins grüne Tal.

Cheyruu Dey Lay - "Guet Nacht zäme"!

 

145. Tag; 18. Juni 2015, Trongsa, Bhutan

Heute steht wieder eine Wanderung an, sofern das Wetter mitspielt. Als ich um fünf Uhr aus einem der vielen Fenster im Zimmer schaue, zwar ohne Brille, sehe ich einen hellen Himmel mit einigen weissen Wolken und Sonnenaufgangslicht; die Sonne macht sich also bereit, aufzustehen. Ich selber stehe erst um halb acht Uhr auf. Beim Frühstück meint Jigme, das Wetter sei gut, so dass wir die Wanderung machen könnten. Kaum im Auto, fallen die ersten Tropfen auf die Windschutzscheibe. Jigme lässt Dawa bei einem Shop anhalten und geht einen Bund Räucherstäbchen kaufen, den er anzündet und während der Fahrt aus dem offenen Fenster hält und dabei um gutes Wetter betet. Kurz darauf hört es auf zu regnen. Wir steigen aus, sehen den Bergkamm, den wir erklimmen wollen, knapp unter den Wolken liegen und beginnen unsere Wanderung. Jigme hat heute das traditionelle Messer mit dabei, später wird er mir damit den Weg freischlagen, und nimmt auch die brennenden Räucherstäbchen mit auf den Weg. Es fehlt noch der Geruch der Butterlampen und ich würde mich vollends wie in einem Tempel fühlen, statt beim Wandern.

Beim Blick auf die dunklen Wolken und die kleiner werdenden Räucherstäbchen bin ich froh, dass ich die Regenjacke mit dabei habe, denke aber auch an die im Gepäck zurück gelassene Regenhose. Kaum haben wir den ebenen Weg zum letzten Dorf hinter uns und beginnen den Aufstieg, beginnt es zu regnen, und wie. Wir ziehen unsere Regenjacken an, ich zudem meinen Regenhut, und schütze die Kameratasche mit einem 35L-Kehrichtsack aus der Schweiz, während Jigme seinem Rucksack das "Regenmänteli" überzieht.

Als wir auf dem rund 3500 MüM hohen Thowa La ankommen, sind meine Hosen nass und Jigme's untere „Rockhälfte“ auch, aber es hört auf zu regnen.

Auf der anderen Seite sieht die Vegetation ganz anders aus, Dschungelartig mit vielen Rhododendren, und der Wanderweg ist gewöhnungsbedürftig. Mir gefällt die Wanderung in dieser ungewohnten Umgebung sehr, aber nach dem vielen Wasser von oben ist der Untergrund glitschig und oft habe ich das Gefühl, wir laufen in einem Bach.

Es beginnt wieder zu regnen, deshalb bin ich froh, dass wir nach knapp vier Stunden Dawa und das Auto erreichen. Wir fahren das Tal hinunter und sehen auf der anderen Talseite die Schwarzen Berge. Diese verlaufen nicht wie die übrigen Gebirgszüge von Westen nach Osten, sondern von Norden nach Süden und trennen so den Westen Bhutans vom Osten. Der Wald sei untouched and unchanged, Urwald.

Auf der Weiterfahrt nach Trongsa steigt die Strasse wieder an und dann sehen wir auch mein Hotel für diese Nacht. Es liegt aber auf der anderen Talseite und die Strasse führt noch lange ins Tal hinein, dann über eine Brücke, bei der Dawa aussteigen muss und bei einem Police Check seinen Ausweis zeigen und angeben muss, wie viele Passagiere im Auto sind, und dann auf der anderen Talseite weiter.

Das Hotel Yangkhil ist ein Resort, mein Zimmer liegt natürlich weit weg von der Rezeption und vom Restaurant, aber mein Gepäck wird von jungen Frauen getragen. Beim Blick aus dem Fenster sehe ich zwei Sehenswürdigkeiten, die wir morgen besuchen und besichtigen wollen: den Trongsa Dzong und den Ta Dzong (Wehrturm).

 

146. bis 148. Tag; 21. Juni 2015, Bumthang, Bhutan

Freitag Wir verlassen das Yangkhil Resort, welches ein bisschen ausserhalb liegt, und besichtigen in Tongsa, oder Trongsa (neuer), die verschiedenen Schreibweisen machen das Touristenleben auch nicht einfacher, den Tongsa Dzong, den grössten in Bhutan, mit seinen Bauten und Tempeln. Er liegt an einem strategisch wichtigen Ort zwischen West- und Ostbhutan, zudem führt ein Handelsweg in den Süden. Vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert wurden hier die Handelsströme kontrolliert und Abgaben einkassiert.

Die Himalaya-Zypresse vor dem Dzong ist Bhutans Nationalbaum.

Danach besuchen wir im Ta Dzong (Wehrturm) das Museum über die lokale Geschichte, als Prinz ist jeder König hier als Gouverneur tätig, und natürlich über den Buddhismus. Da unser Fahrer derweil gemütlich bei einem Tee im Museums-Cafe sitzt, gesellen wir uns dazu. Die Bedienung mit den offenen, langen Haaren fällt auf, ist unüblich in Bhutan. Die beiden Frauen kommen, wie mir Jigme erklärt, „aus dem Süden Bhutans“, sind Nachkommen von Nepalesen (Secondos).

Die Strasse, auf der ich seit ein paar Tagen fahre, ist nicht irgendeine Nebenstrasse, sondern, ich staune immer noch, die einzige West-Ost-Verbindung Bhutans. Der Bau der Strasse begann 1962 und führte von Phuntsholing, im Südwesten, an der Grenze zu Indien, über Paro nach Thimphu  dann quer durchs Land nach Samdrup Jongkhar, im Südosten, wieder an der Grenze zu Indien. Die Strasse hat eine Breite von nur 2.50 m und muss den Verkehr von beiden Richtungen aufnehmen. Das begonnene Ausbauprojekt sollte 2020 fertig sein, was ich angesichts der Länge und der grossen Geländeherausforderungen bezweifle. Wir stossen immer wieder auf Baustellen.

Wie auch immer, ich empfinde die Fahrt als abenteuerlich, wegen dem Zustand der Strasse, und abwechslungsreich, wegen der immer wieder wechselnden Vegetation. Mal fühle ich mich wie zu Hause in den Voralpen, dann wieder wie im Regenwald.

Wir kommen nach Jakar im Bumthang Tal, wo wir zuerst zu ein Restaurant fahren. Im zwar hübschen aber grossen Saal, wo ein Tisch für mich vorbereitet ist, fühle ich mich als einziger Gast nicht wohl. Gerne nehme ich das Angebot an, in der Küche zu essen.

Samstag Für drei Nächte sind wir im Swiss Guest House von Tshering Wangchuk Maurer. Sein Vater, Fritz Maurer, Käser Meister aus Köniz/BE, ist in den 60er Jahren nach Bhutan ausgewandert. In den 70er hat er eine Bhutanerin geheiratet und eine Familie gegründet, zwei Söhne und eine Tochter.
Im Internet gefunden: Von An Lac Truong, Tages Woche, 12.12.2013
In Bumthang traf ich auch den berühmtesten Schweizer in Bhutan: Fritz Maurer, der seit über 40 Jahren hier lebt und einst auf Einladung des Königs nach Bhutan kam, um eine Käserei aufzubauen. Noch immer hilft er mit bei der Produktion von Bier, Schnaps, Käse und Honig. Er ist es jedoch leid, eine Touristenattraktion zu sein und von Reisenden ohne Voranmeldung aufgesucht zu werden.
So ist er zunächst auch mir gegenüber eher skeptisch. Doch über die Tage schwindet die Skepsis. Maurer ist eine ergiebige Quelle, da er ein halbes Jahrhundert gelebte Schweizer Entwicklungszusammenarbeit verkörpert. Ich bin Gast im «Swiss Guesthouse», das die Maurers führen. Der Name ist Programm: Tatsächlich esse ich neben Rösti und Bärenfleisch auch Gruyère aus der bhutanesischen Käserei.
Das Bärenfleisch war, wie ich mir erklären lasse, eine einmalige Sache, den die Bären sind geschützt, dürfen aber zur Verteidigung getötet werden. Ich konnte sowohl mit Vater Fritz, als ich ihn mit „Dir sit dänk dr Herr Murer“ ansprach, erwiderte er in breitem „Bärndütsch“, der Herr sei im Himmel, wie auch mit seinem Sohn Tshering sprechen, welcher nun das Guest House führt. Er ging nach der Schule in Bhutan für eine Käser Lehre in die Schweiz und hat anschliessend Militärdienst geleistet (Korporal-Küchenchef) und erst in dieser Zeit „Schwyzerdütsch“ gelernt. Er ist mit einer Bhutanerin aus Ost-Bhutan verheiratet und hat Kinder, die aber Grossvaters Muttersprache nicht mehr sprechen.

Übrigens, liebe Chomer und Chomerinnen, was war am 1. März 1968? Da besuchte der 4. König Bhutans, Jigme Singye Wangchuck, der Vater des jetzigen Königs, auf Einladung von Fritz von Schulthess, Cham und Schloss St. Andreas.

Für den Abend haben wir Käse Fondue bestellt, für Jigme und Dawa eine Premiere.

Nach dem Frühstück mit hiesigem Emmentaler, der eigentlich Gruyère werden sollte, es aber wegen der Milchqualität nicht schaffte, einer zu werden, fahren wir los. Nach einer halben Stunde steigen Jigme und ich aus und beginnen unsere geplante Wanderung. Ich fühle mich wie in der Schweiz, Hängebrücken haben wir ja neuerdings auch, dann, bei der langen Stupa Gebetsmauer, doch wieder nicht.

Die Holzverarbeitung wird hier direkt im Wald gemacht. So werden die Baumstämme vor Ort in gewünschte lange Balken verarbeitet und danach zum Bedarfsort transportiert. Die Waldarbeiter bleiben für rund zwei Wochen im Wald und leben unter einfachsten Verhältnissen.

Während ich als 62-jähriger die Welt bereisen kann, trägt, resp. er hat es soeben abgelegt, dieser 69-jährige immer noch sein „Bürdeli“, in diesem Fall Farn, das als Unterlage für den Kuhstall verwendet wird. Lachend weist er auf meine weissen und seine grauen Haare, dabei bin ich ihm voraus.

Kurz nach dieser Begegnung erreichen wir unser Ziel, ein Bauernhaus einer „wohlhabenden Familie“ wie mir Jigme sagt. Nach dem offerierten Tee zeigt mir der junge Hausherr einige Räume, auch den Schrein, den jede buddhistische Familie irgendwie zu Hause einrichtet. Ich frage ihn, wie er den Lebensunterhalt verdient. Sein Einkommen ist vielseitig: Während die Ernte aus dem Garten für den Eigenbedarf bestimmt ist, verkauft er Äpfel und Kartoffel, letztere vor allem nach Indien. Er besitzt einige Pferde, die er als Lasttiere für Touristentreks oder zum Reiten vermietet. Auch einen Kleinlastwagen vermietet er an Nachbarn, für Holz- und Steintransporte.

Dawa spielt derweil Babysitter für den dritten, 6 Monate alten Sohn; ich hielt ihn für ein Mädchen.

Während meine beiden Mitreisenden bei der Familie Mittag essen, verzichte ich und mache mich stattessen auf den Weg. Sie können mich später aufnehmen. Zurück im Hotel beginnt der übliche Prozesse der Fotos auf den Laptop übertragen, schlafen, duschen und Beginn der Schreibarbeiten im Restaurant. Später wird mir das Essen serviert, Rösti mit geschnetzeltem Poulet Fleisch und Pilzen, Broccoli und Blumenkohl mit Rüebli. „Fascht wie de heime.“

Sonntag „Hüt isch Sunntig, drum gitz o hie Züpfe zum Zmorge.“ Bevor wir zu unserer „Drei-Tempel-Wanderung“ aufbrechen, will ich zum Gerichtsgebäude hochfahren um die Aussicht aufs Tal und den Dzong festzuhalten. Danach fährt uns Dawa zum ersten Tempel, von wo aus wir zu Fuss weitergehen.

Am Wegesrand lässt sich sonderbares entdecken.

Der Phallus schützt die Ernte vor Bösem, im Doppelpack wohl noch besser.

Happy Ganja wächst hier wild und wird dadurch immer mehr zum Problem in Bhutan. Während Jigme in seinen Jugendjahren nicht wusste, was mit dieser Pflanze gemacht werden kann, wissen es die heutigen Jugendlichen sehr wohl.

Bei der zweiten Tempelanlage ist die Türe zum Innersten geschlossen und es lässt sich kein Mönch zum Öffnen auftreiben. Macht nichts, habe ja schon einige Tempel besichtigt.

Unser Weg führt auch über Brücken; aber sorget euch nicht um mich, den mein Wanderstab ist am Griff zu einem Phallus geschnitzt ...

Es scheint Waschtag für die Mönche zu sein.

Beim dritten Tempel liegt innen, im dunklen Gang um den Tempel, eine Art Kettendecke auf. Die Gläubiger legen sich diese um die Schulter und umrunden im Uhrzeigersind den Tempel. Es soll helfen, lockenden Versuchungen zu widerstehen. Nach zwei Männern und einer Frau ist Jigme an der Reihe.

Auf dem Weg zurück zum Hotel sehen wir den Inland Flugplatz. In der jetzigen Nebensaison gibt es allerdings keinen geregelten Flugbetrieb.

 

149. Tag; 22. Juni 2015, Mongar, Bhutan

Nach einem wieder leckeren Frühstück verabschiede ich mich von den netten Leuten im Swiss Guest House. Wir fahren heute früher ab, um acht Uhr, weil die Fahrt von Bumthang nach Mongar lang sein wird. Noch vor dem Verlassen des Dorfes entdecke ich ein weiteres Nummernschild: RBP = Royal Bhutan Police. Nun ist mein Set der gebräuchlichsten Autoschilder komplett.

Wir fahren hinauf in die Hügel, vorbei am Dorf Ura, dann weiter zum höchsten Pass des bhutanischen Strassennetzes, dem Thrusing La 3750 MüM, wo in unserem Auto aus drei Kehlen wieder das Lhagaylo, Lhagaylo, Lhagaylo ertönt. Von hier geht es stetig bergab. Alpine, voralpine und Regenwald wechseln sich in der Vegetation ab. Es ist schön, die Fahrt gefällt mir.

Und dann werden wir wieder mal gestoppt. Ob geteert, bei uns wegen gesundheitlichen Risiken seit einigen Jahren verboten, oder asphaltiert wird, kann ich nicht beurteilen. Jigme erklärt mir, dass Strassenarbeiten, mangels vorhandenem know how, indischen Firmen übertragen wird, welche dann halt indische Gastarbeiten anstellen, die temporär in Bhutan leben.

Wie der Asphalt bei uns auf die Strassen kommt, habe ich schon x-mal gesehen, er wird aus grossen Speziallastwagen gekippt, hier passiert das manuell. Wie aber kommt der Asphalt in den Lastwagen hinein?

Ein paar hundert Meter weiter kommen wir zur Stelle, wo der Asphalt produziert wird: Zerkleinerte ...?-Steine (hinten links), werden in die Maschine hinaufbefördert und mit dem Bindemittel Bitumen vermischt und mit Feuer erhitzt (Mitte). Das Resultat gelangt dann in den Lastwagen (vorne rechts).

Nach rund 5 Stunden gibt’s den Lunchhalt.

Da ich lange genug um kleine Lunchs gebeten habe, verzichte ich wieder und esse im Laden zwei Bananen mit Biskuits, dazu trinke ich einen Tee. Jigme und Dawa gehen ins Restaurant im unteren Geschoss und nehmen dort das Mittagessen ein, derweil ich mich umschaue, mit zwei jungen Katzen spiele und ein paar Aufnahmen mache. Von der entdeckten Alkohol Regelung kenne wir nur die erste. Einen trockenen Dienstag?
Danach informiere ich mein Team, dass ich schon mal die Strasse weiterlaufe und sie mich später aufnehmen können.

Ein indischer Lastwagen mit deutschen Wurzeln, aufgenommen mit einer japanischen Kamera, von einem Schweizer in Bhutan.

Die Abfahrt von 3750 MüM endet auf 700 MüM, wo wir den Kuri Chu überqueren, danach steigt die Strasse wieder auf 1600 MüM an. Nach sieben Stunden sind wir am Ziel: Mongar.

 

150. bis 151. Tag; 24. Juni 2015, Rangjung, Bhutan

Als ich heute Morgen erwache und fühle, wie die warme Luft vom Deckenventilator über meinen Körper streicht, und höre, wie der Regen auf die Sonnenterasse prasselt, und durchs offene Fenster die nasse Erde rieche, fühle ich mich wohl und an Indien erinnert. Ist ein gutes Vorzeichen, fahre ich doch immer wie mehr Indien und dem Monsun entgegen.
Wie schon seit ein paar Tagen erlebt, bin ich auch hier in Mongar der einzige Gast im Hotel und beim Frühstück. Es ist halt Off-season, zudem reisen nicht viele Touristen in den Osten Bhutans.

Wir fahren stetig aufwärts, bis wir auf den letzten Pass meiner Bhutan-Reise, den 2400 MüM hohen Kori La kommen. Zum letzten Mal tönt unser dreifaches Lhagaylo. Kurz nach dem Pass, ich sitze links im Auto und wir fahren links, sehe ich weit unten etwas. Bis ich reagiere und Dawa bitte, anzuhalten, dauert es ein bisschen. Er meint, weiter vorne gäbe es auch nochmals einen Aussichtspunkt, was aber nicht zutrifft. So muss er halt auf der schmalen Strasse wenden und zurückfahren. Zwischenzeitlich ist der Nebel hochgezogen und wir sehen beinahe nichts mehr. Wir warten, warten immer noch und siehe da, der Nebel beginnt sich zu verziehen, wir warten noch ein bisschen und dann ist der Blick frei auf das, was ich sah: die sich nach unten schlängelnde Strasse, auf der wir bald fahren werden.

Werde ich in der Schweiz bei den Baustellen auch so geduldig sein?

Wenn jemand stirbt, gibt es für die Angehörigen sieben Zeremonien, jede Woche eine, zu machen, damit die Seele des Verstorbenen am 49. Tag (7 Zeremonien x 7 Tage) in einem neuen Körper wiedergeboren werden kann. Bei diesen Zeremonien ist ein Mönch dabei. Es wird aber auch ein Astrologe aufgesucht und ihm über den Verstorbenen erzählt. Wenn dieser das Gefühl hat, die Wiedergeburt könnte schwer werden, weil der Verstorbene Schlechtes im Leben gemacht hat, müssen die Angehörigen 108 kleine Stupas machen, diese mit der Asche des Verstorbenen füllen, den Namen auf einen Zettel schreiben und hineinstecken, dann die Stupa schliessen, meistens noch weiss anstrichen, und an einem geschützten Ort, vielfach in Felsennischen, aufstellen.

Wenn es keine Bäume hat, sind die Hänge mit Gras bewachsen, das meiste davon ist Zitronengras.
Da wir bisher keine Besichtigungen hatten schlägt Jigme vor, einen Abstecher in ein Tal zu machen, wo ein besonderer Tempel, der Gomphu Kora, mit einer besonderen Geschichte steht. Wie üblich, stelle ich zuerst einige Fragen und entscheide dann, wie in diesem Fall, zustimmend. Auf der Fahrt, das gebe ich zu, bekomme ich feuchte Hände, aber nicht (nur) wegen der feucht-schwülen Luft, und auch nicht wegen der unüblichen „Raupe" in Blau ...

... aber wegen dem Passieren diesen Abschnittes.

Der Gomphu Kora wurde von Guru Rimpoche, dem Tigernest-Guru, gegründet.

Gemäss der Legende kam ein Dämon von Tibet hierher und, verfolgt durch Guru Rimpoche, versteckte sich unter dem Felsen. Der Guru ging in ein Loch im Felsen, links von Jigme, und wohl ohne Wasser, und meditierte. Nach einer gewissen Zeit, kam der in eine Kobra verwandelte Dämon unter dem Felsen hervor und streckte sich an ihm in die Höhe (zweite Reihe rechts). Der Guru wiederum verwandelte sich in ein Garuda, ein schlangentötendes halb mensch-, halb adlergestaltiges Reittier, und tötete den Dämon.

Nach 5 ½ Stunden erreichen wir das Guesthouse Dratsang in Rangjung, welches zum Kloster Rangjung Woesel Chholing gehört. Es wird von Mönchen betrieben. Ich habe einen schönen Blick aufs Kloster.

 

Heute wollen wir erst um halb zehn losmarschieren, es steht ein lockeres Programm an, deshalb habe ich den Wecker auf halb acht gestellt. Aber es wird nichts mit ausschlafen, einerseits hat mein Zimmer Fenster auf drei Seiten, ist deshalb schon früh hell, andererseits höre ich um fünf Uhr bereits die Gebete vom nahen Kloster, welche via Mikrofon über Lautsprecher das ganze Kloster beschallen.

Ich bin hier nicht in einem Hotel, sondern in einem Guesthouse, der Service und das Angebot ist deshalb beschränkt und die „Kellner“ sind Mönche. Aber das Essen ist gut und die beiden Mönche, die für den einzigen Gast und den Guide und Fahrer, abkommandiert sind, sehr freundlich. Ich mache mein Bett selber. Die WC Spülung ist nur ein kleines Rinnsal, welches mein grosses Geschäft nicht wegbringt. Aber es hat einen grossen Kübel im Bad, den ich zu einem Viertel mit Wasser fülle und dann mit Schuss ins die Schüssel kippe; auch für das brauche ich keinen Zimmerservice.

Wir machen eine Wanderung nach Radhi, dem nächsten Dorf im Tal aufwärts, welches bekannt ist für den Reisanbau, es wird aber auch Mais angepflanzt, und für die Verarbeitung von Rohseide.

Jigme ist zum ersten Mal hier, weshalb er immer wieder Leute frägt, wo was zu sehen sei. Das gibt für mich jeweils die Gelegenheit zu, zwar kurzen, aber freundlichen Begegnungen.

Ein Mädchen, 8. Schuljahr, bietet sich als local guide an und führt uns zu zwei Häusern, wo wir eintreten dürfen.

Zum Schluss lädt sie uns ins Haus ihrer Familie zu „einem Tee“ ein.

Wir gehen ins Wohnzimmer und die junge Dame frägt uns, ob wir Ara möchten, den traditionellen Schnaps aus Mais. Wir stimmen zu, ich sage aber, dass ich nur ein kleines Bisschen möchte. Mein Trinkglas ist dann „nur“ zu einem Viertel gefüllt, während Jigme ein zu drei Viertel gefülltes Glas bekommt. Während ich von dem fürchterlich starken Gesöff nur kleine Schlucke nehme, dabei sehnsüchtig auf den Tee warte, ist Jigme recht grosszügig. Als wir uns verabschieden, frage ich draussen Jigme, wieso wir keinen Tee bekommen hätten. Er erklärt mir lachend, dass eine Einladung zu „einem Tee“ eine Einladung zu einem Ara bedeutet. Nun ja, das muss man zuerst wissen.

Wir laufen zurück in unser Dorf, wo wir nach 3 Stunden ankommen, und danach das Kloster, welches erst 1990 gegründet worden ist, besichtigen.

Am Morgen habe ich mich auf die Schlechtwetterprognose konzentriert und entsprechend meine Regenjacke und Regenhut eingepackt. Es hat tatsächlich kurz nach dem Start begonnen zu regnen, also Jacke an, Hut auf, dann wieder staken Sonnenschein, Jacke und Hut ab, wieder Regen, Jacke an, Hut auf, und zum Schluss wieder Sonnenschein, Jacke und Hut ab. Den Sonnenhute hatte ich unbenützt dabei. Am Abend brennt mein Gesicht, mein Nacken, meine Arme und mein "Helikopterlandeplatz" in den Haaren. Sonnencrème? Habe ich bei den trüben Wetteraussichten vergessen aufgetragen.

 

152. Tag; 25. Juni 2015, Samdrup Jongkhar, Ost-Bhutan

Heute vor fünf Monaten hat meine Reise in Cham begonnen. Seither habe ich 16 Länder bereist, habe in 65 verschiedenen Hotels übernachtet, bin 22-mal mit Eisenbahnen gefahren und 11-mal geflogen, habe mich von Meereshöhe bis auf 5211 Meter Höhe bewegt und Temperaturen zwischen minus 25° und plus 37° erlebt.

Letzte Nacht hörte ich die Gebete um elf Uhr, ein Uhr und kurz vor fünf Uhr. Die langen Gebetszeiten haben mit einem religiösen Fest zu tun, welches Morgen zu Ende geht. Sonst seien die Gebete nicht zu hören.

Wir haben wieder eine lange Fahrt vor uns, es werde sehr viel ups and downs geben, erklärt mir Jigme und fragt, wie dies in meiner Sprache heisse. Ich sage ihm „ufe und abe“ oder „ueche u ache“ in Bärndütsch. Er zieht die Schweizerdeutsche Version vor und spricht fortan von "again ufe". Und tatsächlich wir steigen Kurve um Kurve in den Tälern hoch, um danach wieder runterzufahren. Wir treffen natürlich auf Baustellen, fahren zwischendurch tatsächlich auch mal auf schönen Strassen, wo der Mittelstreifen Sinn macht, weil es Platz für zwei Fahrzeuge hat.

Wir fahren und fahren, nach vier Stunden frage ich Jinge, wann er gedenke, eine Pause zu machen. Er sagt, in rund einer Stunden gäbe es eine Lunchpause. Ich mache mir Gedanken wegen Dawa und wegen der Sicherheit und möchte deshalb vorher eine Pause machen. Kurz darauf ergibt sich diese von selbst, müssen wir doch bei einer Baustelle eine Stunde bis zur Öffnungszeit warten. Ich aktiviere mein Notebook um Fotos für die Berichte vorzubereiten, während Dawa ein Nickerchen im Auto macht und dabei ab und zu Geräusche von sich gibt.

Kurz nach dem Passieren der Baustelle kommen wir in ein Dorf, wo wir den Mittagshalt machen. Ich schliesse mich wieder mal zum Essen an, will aber nur die von mir geliebten Chili with Cheese. Das Restaurant Dechen Wangdi Restaurant Cum Bar ist auch ein Lebensmittelladen und eine Bar.


Irgendeinmal haben wir die unzähligen Berge und Täler hinter uns gelassen. Hinter dem Regenwald vor uns befindet sich Samdrup Jangkhar, unser heutiges Ziel, und in der Ebene dahinter ist bereits Assam, Indien.

Nach über acht Stunden kommen wir an. Wir müssen noch bei der Ausreisebehörde vorbeigehen, wo Jigme seine Papiere abgeben und ich meinen Pass zeigen muss, der mit dem morgigen Datum abgestempelt wird.

Um halb acht nehmen wir im Hotel gemeinsam das Nachtessen ein und ich bedanke mich bei den beiden, Khaden chela! Danach verabschieden wir uns mit Händedruck und einer Umarmung. Wegen den viel besseren Strassen fahren Jigme und Dawa über Indien zurück nach Paro, wo Dawa wohnt, resp. nach Thimpu, wo Jigme lebt. Nach dem Wiedereintritt in Bhutan, werden sie in Phuntsholing übernachten. Da das Grenzgebiet in Indien für Buthanesen nicht so sicher sei, es gab immer wieder Übergriffe von Rebellen auf Bhutanesen, werden sie mit anderen bhutanesischen Fahrzeugen zusammen, eine Zeitlang von Indischem Militär eskortiert. Die beiden müssen deshalb morgen um fünf Uhr an der Grenze sein.

 

153. Tag; 26. Juni 2015, Abschied von Bhutan

In der Nacht hat es fürchterlich gewittert, mit starkem Regen und mit Blitz und Donner; das Land des Donnerdrachens verabschiedet sich von mir, allerdings ohne Drachen. Als es aufgehört hat zu blitzen und krachen, höre ich den Regen immer noch stark rauschen. Auch nach einer Stunde noch, und nach einer weiteren immer noch. Ich stehe auf, denn draussen muss es ja fürchterlich aussehen. Es regnet aber nicht mehr, trotz Rauschen. Ich stelle den Deckenventilator um zwei Stufen zurück und das Rauschen verschwindet …

Beim Frühstücken vernehme ich, dass mein Fahrer aus Indien, welcher mich nach Guwahati fahren wird, da sei. Ich gehe ins Zimmer und bereite mich auf die Abreise vor.

Nach der Fahrt nach Guwahati wird die von TCTT organisierte Reise zu Ende sein. Mit einem „Grüezi Züri“ bedanke ich mich bei Philip Hepp, welcher zusammen mit mir Tibet, Nepal und Bhutan plante, und bei Peter Meyer, welcher mich während den „Turbulenzen“ in Tibet, unterstützte. Bekanntlich konnte ich ja nicht alles realisieren in Tibet und Nepal musste ich ganz streichen, aber das was ich machen konnte, hat mir gefallen.

Bhutan wird bei mir in schönster Erinnerung blieben, ein liebliches, ruhiges, religiöses, Königstreues, bescheidenes Land, mit schöner Natur, die aber, vor allem im Strassenbau, sehr herausfordern sein kann. Nun kann ich nachvollziehen was damals im 2002 geschah, als eine verschüttete Strasse uns tagelang blockierte und wir schlussendlich doch aufgeben mussten. Die Hänge sind hier sehr steil. Wir hatten immer wieder Steine oder kleine Erdrutsche auf der Strasse. Wenn es dann mal richtig kommt, und die Strasse zuschüttet, wird es lange dauern, bis Maschinen die Strasse freigemacht haben. Denn zuerst müssen diese zur Stelle gelangen können, wo sich längst beidseitig der Blockierung Kolonnen auf der schmalen Strasse gebildet haben werden und das Vorankommen der Baumaschinen erschweren.

 

Nach dem Durchfahren des Tores zu Indien, geht meine Reise unter Indien weiter.

 

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